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Janitschek, Hubert
Die Kunstlehre Dante's und Giotto's Kunst: Antrittsvorlesung, gehalten in der Aula der K. Universität in Leipzig am 4. Mai 1892 — Leipzig: Brockhaus, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.45329#0010
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und Meisterstücken kunstgeschichtlicher Methode geworden
sind. Diese seltene Vereinigung fast stets getrennter Eigen-
schaften, an der Anlage und Arbeit gleichen Antheil hatten,
bedingt den schweren Stand für seinen Nachfolger. Es
gilt sich zu bescheiden, für Sie, für mich. Doch dies aller-
dings tritt als sittliche Forderung an den Nachfolger heran:
ihm nachzueifern in der trotz aller Leidensjahre nie er-
müdenden Energie der Arbeit, in der unbestechlichen
ürtheilsstrenge, in der wissenschaftlichen Redlichkeit,
welcher die schlichteste Wahrheit höher stand als das
glänzendste Paradoxon.
Ich darf mich wol einen Schüler Springer’s nennen,
auch wenn ich nie in seinem Hörsaal sass. Thue ich dies,
so brauche ich kaum noch ein besonderes wissenschaft-
liches Glaubensbekenntniss abzulegen. Gegenüber der
immer wieder aufs neue gestellten Frage, was die Auf-
gabe der Kunstgeschichte an Universitäten sei, halte ich
an der bündigen Erklärung Springer’s fest, dass die Kunst-
geschichte ein Ausschnitt aus der Geschichtskenntniss
eines Volkes, einer Zeit sei, und damit im akademischen
Lehrplan eine nicht minder nothwendige und berechtigte
Stellung hat, als die Geschichte der Religion, der Lite-
ratur, der wirthschaftlichen Verhältnisse, um die politische
Geschichte zur wirklichen Kenntniss eines Volkes, eines
Zeitabschnittes zu ergänzen. Soll ich darauf hinweisen, was
zum Beispiel allein die Ornamentik einer karolingischen
Handschrift uns von den sich kreuzenden und abgelagerten
Cultureinflüssen des karolingischen Zeitalters erzählt oder
welches Licht die Madonna di San Sisto für die Kenntniss
des Geistes des mediceischen Zeitalters gibt trotz aller
reich fliessenden literarischen und urkundlichen Quellen?
 
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