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Jantzen, Hans [Mitarb.]
Der Bamberger Reiter — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 95: Stuttgart: Philipp Reclam Jun., 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.61231#0005
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Die geschichtliche Umwelt, in der uns der Bamberger
Reiter begegnet (Abb. 1-5 und Umschlagbild), ist
die des Alten Reiches unter den späten staufischen Kai-
sern, der Zeit des römisch-deutschen Imperiums mit sei-
nen die Phantasie anregenden, spannungsreichen Weiten,
mit den Kämpfen des Deutschen Ordens, mit den Kreuz-
zügen gegen die Heiden, mit dem kurzlebigen lateini-
schen Kaisertum im nahen Orient, mit den Wirren unter
den deutschen Fürsten und mit dem das Reich durch-
strahlenden märchenhaften Glanz der genialen Kaiserge-
stalt Friedrichs II., der mehr im Süden als nördlich der
Alpen sich beheimatet fühlte, wenn er auch das Elsaß
„das geliebteste seiner Erbländer“ nannte.
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts führte diese
von der Kultur des hochmittelalterlichen Rittertums ge-
tragene Epoche eine Blütezeit deutscher Dichtung und
Kunst herauf, nicht ohne lebendige Einwirkung der im
Westen sich entfaltenden neuen Welt der französischen
Gotik. Die Namen der großen deutschen epischen Dich-
ter, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gott-
fried von Straßburg, mit ihren die Ideale, die inneren
und äußeren Kämpfe des Ritters behandelnden Themen,
gehören dieser Epoche an. Den höfisch-ritterlichen Krei-
sen sind die Gestalten des Artusromans, der Parzival,
der Arme Heinrich, Willehalm, Tristan und Isolde, nicht
minder Gestalten und Geschehnisse der Nibelungendich-
tung als Figuren zeitgenössisch bewegender, kunstvoll
erzählender Versepen vertraut.
Den gleichen Zug zur Größe der Anschauung und ein
verwandtes Ringen um eine neue Lebendigkeit der
Form findet man in den besten Werken der bildenden
Kunst wieder. Die deutschen Bildhauer des 13. Jahrhun-
derts wurden sich bewußt, welche bedeutenden, die
Menschen anrührenden Gedanken sich in der großfiguri-
gen Plastik aussprechen ließen.
Wer die Ordnungen und Möglichkeiten der mittel-
alterlichen Monumentalskulptur kennt, hat an den „Rei-

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