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Josef Weingartner Die frühgotisclie Malerei Deutschtirols

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Streben nach derartigen Effekten das späte Stilstadium unserer Bilder. Am zweiten Throne
(Fig. 22) ist derselbe Versuch übrigens etwas besser geglückt und auch das Wagnis, die
bekleidete Gestalt auf Fig. 25 vor eine freistehende Kirche zu stellen, entbehrt nicht des
stilistischen Interesses.
Zu erörtern bleibt noch die Frage des italienischen Einflusses. Clemen meint zwar, daß
ein solcher nicht zu spüren sei41), indessen lassen einzelne Formen den Zusammenhang mit
dem Süden auch hier nicht verkennen, so die in Tirol bisher fremde Vierpaßmusterung am
Kleide der hl. Ursula und noch mehr der giebelbesetzte Thron (Fig. 23), dessen ganzer Aufbau


Fig. 25 Täufers, St. Johanniskirche, Sockeldekoration

nichts anderes ist als eine Vergröberung oberitalienischer Muster und dessen Prototyp
z. B. in den Wandgemälden Veronas sich seit dem letzten Drittel des XIV. Jhs. ebenso
häufig nachweisen läßt wie auf den unmittelbar vorangehenden Bildern das Vorbild des
einfacheren Thrones in Bozen. Auch die vielen symmetrisch zurückgeschlagenen und mit
weißem Pelzwerk gefütterten Mantelsäume finden wir in ähnlicher Häufigkeit in ober-
italienischen, speziell veronesischen Bildern der unmittelbar vorangehenden Zeit wieder.
Auch auf das Ursulabild in Collalto sei hingewiesen, das trotz der Überlegenheit des
italienischen Meisters eine ähnlich schematische Anordnung zeigt wie das Tauferer Bild42).

41) Mitt. d. Z. K., 1889, S. 186. 42) Abbildung bei Schlosser, Thomas von Modena; Jahrb. d. Allerh. Kaiserhauses, 189.
 
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