9
CORNELIO Bumnich Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
IO
langer Pfähle, auf welchen Wäsche und Tücher auf-
gehängt wurden; die Entlastung oberhalb der erd-
geschossigen Öffnungen ist auf jene eigentümliche
Art durchgeführt, die wir auch anderswo im Lande,
z. B. in der Casa Salamon in Gallignana treffen
werden (Fig. 42). Das im harten Frattaer Steine3)
der schönen Fassade des genannten Hauses einge-
meißelte Datum 1535 lehrt uns, daß oben beschrie-
bener mittelalterlicher Profanbautypus auch in voller
Renaissanceepoche noch fortbestand.
Reingotisch, und zwar
in schönen italienischen
Formen (Fig. 1) ist in Al-
bona das große Radfenster
auf der Domfassade, der
einzige noch ursprüngliche
architektonisch gegliederte
Teil des ganzen Baues,
welcher aus dem Jahre 1336
stammen müßte4). — Fig. 2
stellt den Grundriß des
kleinen Kirchleins S. Cos-
Fig. i Albona ™o e Damiano dar, ge¬
genwärtig eine der albo-
nesischen Familie Depangher gehörende Gruftkirche.
Es handelt sich um einen schlichten, einschiffigen
Bau mit geradlinig geschlossener Apsis, welche mit
]j
Fig. 2 Albona
3) Bartolomeo Giorgini drückt sich diesbezüglich
folgendermaßen aus: „Le cave di pietra durissima esistono
nel comunale di Fratta, di presso al borgo di Albona, colle
cui pietre sonosi erette le magnifiche abitazioni delle nobili
famiglie Scampicchio, Negri, Coppe, Battiala, Fran-
covich, ed altre.“ Siehe: Kandier, L’Istria II pag. 253.
4) Kandier: Indicazioni per riconoscere le cose sto-
riche del Litorale. Trieste, 1855 pag. 39.
einem Tonnengewölbe überdeckt wurde: ein Motiv,
das wir im südlichen Istrien öfters treffen werden.
Das kleine Kirchenschiff (auswendig 6'32 m
lang, 5'15 in breit) ist mit zwei Kreuzgewölben über-
deckt. Die Fassade endet oberhalb mit einem zum
Aufnehmen der Glocke bestimmten Aufbau, der
einen mit zwei ghibellinischen Zinnen flankierten,
mittleren Spitzbogen aufweist. Die Eingangstür hat
nach innen sich verengende Wandungen und ist
spitzbogig geformt.
I 1 I
Fig. 3 Barbana
Barbana. Die Kapelle von S. Antonio und
deren Fresken, unter denen einige Heiligenköpfe zu
den besten Wandmalereien gehören, die in istriani-
schen Kirchen erhalten sind, ist bekannt, und die
k. k. Zentralkommission beschäftigt sich schon seit
Jahren mit derselben5).
Besonderer Konservierungsmaßnahmen würdig
wäre aber in Barbana auch die kleine Kapelle
von S. Giacomo Apostolo (Fig. 3, 4, 5 und 6).
Wie aus meinen Aufnahmen ersichtlich, ist diese
Kapelle ein kleiner Bau, äußerlich 9'70 m lang,
5-55 m breit, hat an der Fassade ein niedriges Ein-
gangstor, mit gotisch profilierter Umrahmung, an
der einen Seitenfassade ein enges spitzbogiges
Fensterchen (Fig. 3), an der andern ein interessantes
rundes, sternförmiges Fenster (Fig. 6), welchem der
bekannte, alternierend geneigte, gotisch-venetianische
Doppelzahnschnitt als Umrahmung dient. Wir werden
in Lindaro ein ähnliches Fenster finden. Die Pro-
filierung der Torumrahmung und hauptsächlich die
5) Man sehe: Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommis-
sion für Kunst und historische Denkmale, 1902, 1903, 1904.
CORNELIO Bumnich Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
IO
langer Pfähle, auf welchen Wäsche und Tücher auf-
gehängt wurden; die Entlastung oberhalb der erd-
geschossigen Öffnungen ist auf jene eigentümliche
Art durchgeführt, die wir auch anderswo im Lande,
z. B. in der Casa Salamon in Gallignana treffen
werden (Fig. 42). Das im harten Frattaer Steine3)
der schönen Fassade des genannten Hauses einge-
meißelte Datum 1535 lehrt uns, daß oben beschrie-
bener mittelalterlicher Profanbautypus auch in voller
Renaissanceepoche noch fortbestand.
Reingotisch, und zwar
in schönen italienischen
Formen (Fig. 1) ist in Al-
bona das große Radfenster
auf der Domfassade, der
einzige noch ursprüngliche
architektonisch gegliederte
Teil des ganzen Baues,
welcher aus dem Jahre 1336
stammen müßte4). — Fig. 2
stellt den Grundriß des
kleinen Kirchleins S. Cos-
Fig. i Albona ™o e Damiano dar, ge¬
genwärtig eine der albo-
nesischen Familie Depangher gehörende Gruftkirche.
Es handelt sich um einen schlichten, einschiffigen
Bau mit geradlinig geschlossener Apsis, welche mit
]j
Fig. 2 Albona
3) Bartolomeo Giorgini drückt sich diesbezüglich
folgendermaßen aus: „Le cave di pietra durissima esistono
nel comunale di Fratta, di presso al borgo di Albona, colle
cui pietre sonosi erette le magnifiche abitazioni delle nobili
famiglie Scampicchio, Negri, Coppe, Battiala, Fran-
covich, ed altre.“ Siehe: Kandier, L’Istria II pag. 253.
4) Kandier: Indicazioni per riconoscere le cose sto-
riche del Litorale. Trieste, 1855 pag. 39.
einem Tonnengewölbe überdeckt wurde: ein Motiv,
das wir im südlichen Istrien öfters treffen werden.
Das kleine Kirchenschiff (auswendig 6'32 m
lang, 5'15 in breit) ist mit zwei Kreuzgewölben über-
deckt. Die Fassade endet oberhalb mit einem zum
Aufnehmen der Glocke bestimmten Aufbau, der
einen mit zwei ghibellinischen Zinnen flankierten,
mittleren Spitzbogen aufweist. Die Eingangstür hat
nach innen sich verengende Wandungen und ist
spitzbogig geformt.
I 1 I
Fig. 3 Barbana
Barbana. Die Kapelle von S. Antonio und
deren Fresken, unter denen einige Heiligenköpfe zu
den besten Wandmalereien gehören, die in istriani-
schen Kirchen erhalten sind, ist bekannt, und die
k. k. Zentralkommission beschäftigt sich schon seit
Jahren mit derselben5).
Besonderer Konservierungsmaßnahmen würdig
wäre aber in Barbana auch die kleine Kapelle
von S. Giacomo Apostolo (Fig. 3, 4, 5 und 6).
Wie aus meinen Aufnahmen ersichtlich, ist diese
Kapelle ein kleiner Bau, äußerlich 9'70 m lang,
5-55 m breit, hat an der Fassade ein niedriges Ein-
gangstor, mit gotisch profilierter Umrahmung, an
der einen Seitenfassade ein enges spitzbogiges
Fensterchen (Fig. 3), an der andern ein interessantes
rundes, sternförmiges Fenster (Fig. 6), welchem der
bekannte, alternierend geneigte, gotisch-venetianische
Doppelzahnschnitt als Umrahmung dient. Wir werden
in Lindaro ein ähnliches Fenster finden. Die Pro-
filierung der Torumrahmung und hauptsächlich die
5) Man sehe: Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommis-
sion für Kunst und historische Denkmale, 1902, 1903, 1904.