2 I
Cornelio Budinich Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
22
Die Rippen ruhen auf Konsolen und vereinigen
sich in einer Rosette auf dem höchsten Punkte des
Gewölbes. Die Felder zwischen den Rippen sind mit
schönen freskoartigen Wandmalereien überdeckt,
welche Gott-Vater, die vier Evangelisten und andere
Heiligengestalten darstellen. Einige Inschriften sind
auf den Malereien mit einem Nagel eingeritzt, unter
welchen ich folgende Jahrzahl und Namen lesen
konnte: 1591, Ludovico Campanaro di.
Docastelli. Die Ortschaft wurde im Jahre 1616
von den Uskoken verwüstet. Die Pest der Jahre 1630
bis 1631 setzte das Zerstörungswerk fort. Die Ort-
schaft verödete immer mehr, bis sich die wenigen
Hinterbliebenen nach Canfanaro flüchteten. Seitdem
ist Docastelli eine Ruinenstätte geworden. Der male-
rische Wert dieser Ruinen ist aber so groß, daß
auch der Profane davon entzückt wäre, und es wird
gewiß jeder mit Freude erfahren, daß die k. k. Zentral-
kommission beabsichtigt, die architektonische und
topographische Aufnahme der Ruinen vornehmen
zu lassen14).
Fig. Ij Capodistria
Bei der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung
stand, war es mir nur gegönnt, die kleine Kirche
S. Maria im Friedhöfe des Dragatales eingehender
14) Man sehe: Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommis-
sion für Denkmalpflege, 1911, pag. 404, und 1913, p. 86 ff.
Fig. 16 Capodistria
zu studieren. Wie aus beiliegender Aufnahme (Fig. 20
und 21) zu ersehen ist, ist das Kirchlein einschiffig,
135 m lang, 7’40 m breit. Das Grundrißviereck ist
nicht ganz regelmäßig. Die Apsis ist halbkreisförmig
und könnte einem viel älteren Baue als das jetzige,
mehrere spitzbogige Elemente enthaltende Kirchen-
schiff angehört haben. Auch das kleine spitzbogige
Fenster, welches im Längsschnitt (Fig. 21) ersichtlich
ist, zeigt in der Füllung der Öffnung ein altchrist-
liches Motiv. Das Portal hat dagegen eine gotische Be-
krönung, unter welcher ein Bild in freskoartiger Be-
handlung angebracht war. Der Dachstuhl läßt, wie
in den meisten dieser ländlichen Kirchen, die Kon-
struktion sichtbar.
Die Concha der Apsis zeigt noch jetzt die
alten Wandmalereien, mit denen sie auch ursprüng-
lich überdeckt war. Diese Malereien sind schon
länger bekannt. Die Wände unter der Concha waren
dagegen noch vollständig übertüncht. In der Hoff-
nung, auch hier zu denselben Resultaten zu ge-
langen, zu welchen ich anderswo kam, fing ich an,
die äußersten Tünchschichten langsam zu entfernen.
Der freigelegte Bildteil ist auf Fig. 22 ab-
gebildet. Eine verhältnismäßig gut gezeichnete und
schön gemalte, stehende Heiligengestalt kam zum
Vorschein. Die ganze unter der Concha bis zum
Cornelio Budinich Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
22
Die Rippen ruhen auf Konsolen und vereinigen
sich in einer Rosette auf dem höchsten Punkte des
Gewölbes. Die Felder zwischen den Rippen sind mit
schönen freskoartigen Wandmalereien überdeckt,
welche Gott-Vater, die vier Evangelisten und andere
Heiligengestalten darstellen. Einige Inschriften sind
auf den Malereien mit einem Nagel eingeritzt, unter
welchen ich folgende Jahrzahl und Namen lesen
konnte: 1591, Ludovico Campanaro di.
Docastelli. Die Ortschaft wurde im Jahre 1616
von den Uskoken verwüstet. Die Pest der Jahre 1630
bis 1631 setzte das Zerstörungswerk fort. Die Ort-
schaft verödete immer mehr, bis sich die wenigen
Hinterbliebenen nach Canfanaro flüchteten. Seitdem
ist Docastelli eine Ruinenstätte geworden. Der male-
rische Wert dieser Ruinen ist aber so groß, daß
auch der Profane davon entzückt wäre, und es wird
gewiß jeder mit Freude erfahren, daß die k. k. Zentral-
kommission beabsichtigt, die architektonische und
topographische Aufnahme der Ruinen vornehmen
zu lassen14).
Fig. Ij Capodistria
Bei der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung
stand, war es mir nur gegönnt, die kleine Kirche
S. Maria im Friedhöfe des Dragatales eingehender
14) Man sehe: Mitteilungen der k. k. Zentral-Kommis-
sion für Denkmalpflege, 1911, pag. 404, und 1913, p. 86 ff.
Fig. 16 Capodistria
zu studieren. Wie aus beiliegender Aufnahme (Fig. 20
und 21) zu ersehen ist, ist das Kirchlein einschiffig,
135 m lang, 7’40 m breit. Das Grundrißviereck ist
nicht ganz regelmäßig. Die Apsis ist halbkreisförmig
und könnte einem viel älteren Baue als das jetzige,
mehrere spitzbogige Elemente enthaltende Kirchen-
schiff angehört haben. Auch das kleine spitzbogige
Fenster, welches im Längsschnitt (Fig. 21) ersichtlich
ist, zeigt in der Füllung der Öffnung ein altchrist-
liches Motiv. Das Portal hat dagegen eine gotische Be-
krönung, unter welcher ein Bild in freskoartiger Be-
handlung angebracht war. Der Dachstuhl läßt, wie
in den meisten dieser ländlichen Kirchen, die Kon-
struktion sichtbar.
Die Concha der Apsis zeigt noch jetzt die
alten Wandmalereien, mit denen sie auch ursprüng-
lich überdeckt war. Diese Malereien sind schon
länger bekannt. Die Wände unter der Concha waren
dagegen noch vollständig übertüncht. In der Hoff-
nung, auch hier zu denselben Resultaten zu ge-
langen, zu welchen ich anderswo kam, fing ich an,
die äußersten Tünchschichten langsam zu entfernen.
Der freigelegte Bildteil ist auf Fig. 22 ab-
gebildet. Eine verhältnismäßig gut gezeichnete und
schön gemalte, stehende Heiligengestalt kam zum
Vorschein. Die ganze unter der Concha bis zum