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Cornelio Bhdtntch Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
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reiner venetianischen Gotik sprechen. Das Haus
wurde von Ulvin (Wolfgang) von Raschauer (ge-
nannt19) Suabil de Rassa) 1475 aufs neue erbaut,
wie dies die noch vorhandene Inschrift bezeugt: Hoc
opus fecit fieri Wolfgank Raschawer MCCCCLXXV.
Man beachte auch in diesem Hause die Erdgeschoß-
hallen! Die gedrungenen Verhältnisse der Erd-
geschoßsäulen aller dieser Görzer mittelalterlichen
Häuser bringen die statische Funktion dieser stark
beanspruchten architektonischen Glieder in der
schönsten und echtesten Weise zum Ausdruck.
Nicht weit vom Haus der Raschauer finden wir
das Kirchlein von S. Spirito20). Es ist dies ein
kleiner Bau, innen. 8 95 m lang, 6 75 m breit. Der
Eingang befindet sich an der gegen den Platz ge-
wendeten Fassade. Es ist aber nicht ausgeschlossen,
daß die_ Kirche ursprünglich anders orientiert war,
denn an der jetzigen Seitenfront sehen wir drei
erkerartig vorgelegte Zubauten (Fig. 46), von welchen
der mittlere inwendig einer kleinen 2-35 m breiten
Apsis entspricht, die mit einem spätgotischen Stern-
gewölbe überdeckt wurde. Diese Apsis ist, wie wir
anderswo schon _öfter gefunden haben, mit fünf
Seiten eines regelmäßigen Achteckes abgeschlossen.
Die Grundrißanordnung des Gewölbes ist jener der
Apsis der bischöflichen Kapelle in Gallignana sehr
ähnlich. Der mit aufsteigenden Krabben verzierte
Spitzbogen zwischen der kleinen Apsis und dem
Kirchenschiff zeigt eine leise geschneppte Form,
nicht aber in venetianischer, sondern in deutscher
Auffassung. Der deutschen Gotik gehört auch die
ganze Apsis an. Nicht das Richtige trifft aber
Caprin21) in seinen Äußerungen, wo er in S. Spirito
keine Zeichen von italienischer Kunst erblickt. Das
auf zwei in Abstufungen hervortretenden Konsolen
aufruhende Vordach am Eingang des Kirchleins
bildet ein in Italien und in italienischen Gegenden
nicht seltenes Motiv, und um ein Beispiel zu
nennen, will ich den Leser auf das Vordach der
Scuola dei Battuti in Isola und auf das des schon
besprochenen Marien-Kirchleins in Docastelli
(Fig. 23) aufmerksam machen.
Das Kirchlein von S. Spirito wurde am Ende
des XIV. Jhs. errichtet, denn im Jahre 1398 erteilte
19) Czoernig: Das Land Görz und Gradisca, Wien
1873, pag. 666.
20) Man selie darüber: Mitteilungen der k. k. Zentral-
Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkmale, Wien 1886, pag. XXXIV, und
1890, pag. 122.
21) Caprin: Pianure friulane, Trieste, 1892, pag. 451.
Papst Bonifatius IX. den Brüdern Michael und Jo-
hann der aus Florenz abstammenden Familie Rabatta
die Erlaubnis, im unteren Schloß von Görz diese
Kapelle zu errichten, damit die Görzer nicht mehr
von dem entfernten Pfarrort Salcano bei ihren gottes-
dienstlichen Handlungen abhängen22).
Wichtige gotische Denkmäler sind auch das
Presbyterium und die Sakristei des Görzer Domes.
Das Presbyterium ist in drei Joche eingeteilt, wie ge-
Fig. 33 Gallignana
wöhnlich mit drei Seiten eines regelmäßigen Acht-
eckes geschlossen und mit einem Rautengewölbe
versehen. Äußere Strebepfeiler dienen zur Auf-
nahme des Seitendruckes des Gewölbes. Die Sa-
kristei ist ebenfalls mit spätgotischen Gewölben
ausgestattet. Die Wände sind mit Malereien ver-
ziert, welche in neuerer Zeit bloßgelegt und restau-
riert wurden. Die Domkirche (Pfarrkirche SS. Ilario
22) Conte Francesco di Manzano: Annali del
Friuli, Vol. VI., pag. 136.
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Cornelio Bhdtntch Spitzbogige Bauwerke in Istrien und den angrenzenden Gebieten
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reiner venetianischen Gotik sprechen. Das Haus
wurde von Ulvin (Wolfgang) von Raschauer (ge-
nannt19) Suabil de Rassa) 1475 aufs neue erbaut,
wie dies die noch vorhandene Inschrift bezeugt: Hoc
opus fecit fieri Wolfgank Raschawer MCCCCLXXV.
Man beachte auch in diesem Hause die Erdgeschoß-
hallen! Die gedrungenen Verhältnisse der Erd-
geschoßsäulen aller dieser Görzer mittelalterlichen
Häuser bringen die statische Funktion dieser stark
beanspruchten architektonischen Glieder in der
schönsten und echtesten Weise zum Ausdruck.
Nicht weit vom Haus der Raschauer finden wir
das Kirchlein von S. Spirito20). Es ist dies ein
kleiner Bau, innen. 8 95 m lang, 6 75 m breit. Der
Eingang befindet sich an der gegen den Platz ge-
wendeten Fassade. Es ist aber nicht ausgeschlossen,
daß die_ Kirche ursprünglich anders orientiert war,
denn an der jetzigen Seitenfront sehen wir drei
erkerartig vorgelegte Zubauten (Fig. 46), von welchen
der mittlere inwendig einer kleinen 2-35 m breiten
Apsis entspricht, die mit einem spätgotischen Stern-
gewölbe überdeckt wurde. Diese Apsis ist, wie wir
anderswo schon _öfter gefunden haben, mit fünf
Seiten eines regelmäßigen Achteckes abgeschlossen.
Die Grundrißanordnung des Gewölbes ist jener der
Apsis der bischöflichen Kapelle in Gallignana sehr
ähnlich. Der mit aufsteigenden Krabben verzierte
Spitzbogen zwischen der kleinen Apsis und dem
Kirchenschiff zeigt eine leise geschneppte Form,
nicht aber in venetianischer, sondern in deutscher
Auffassung. Der deutschen Gotik gehört auch die
ganze Apsis an. Nicht das Richtige trifft aber
Caprin21) in seinen Äußerungen, wo er in S. Spirito
keine Zeichen von italienischer Kunst erblickt. Das
auf zwei in Abstufungen hervortretenden Konsolen
aufruhende Vordach am Eingang des Kirchleins
bildet ein in Italien und in italienischen Gegenden
nicht seltenes Motiv, und um ein Beispiel zu
nennen, will ich den Leser auf das Vordach der
Scuola dei Battuti in Isola und auf das des schon
besprochenen Marien-Kirchleins in Docastelli
(Fig. 23) aufmerksam machen.
Das Kirchlein von S. Spirito wurde am Ende
des XIV. Jhs. errichtet, denn im Jahre 1398 erteilte
19) Czoernig: Das Land Görz und Gradisca, Wien
1873, pag. 666.
20) Man selie darüber: Mitteilungen der k. k. Zentral-
Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkmale, Wien 1886, pag. XXXIV, und
1890, pag. 122.
21) Caprin: Pianure friulane, Trieste, 1892, pag. 451.
Papst Bonifatius IX. den Brüdern Michael und Jo-
hann der aus Florenz abstammenden Familie Rabatta
die Erlaubnis, im unteren Schloß von Görz diese
Kapelle zu errichten, damit die Görzer nicht mehr
von dem entfernten Pfarrort Salcano bei ihren gottes-
dienstlichen Handlungen abhängen22).
Wichtige gotische Denkmäler sind auch das
Presbyterium und die Sakristei des Görzer Domes.
Das Presbyterium ist in drei Joche eingeteilt, wie ge-
Fig. 33 Gallignana
wöhnlich mit drei Seiten eines regelmäßigen Acht-
eckes geschlossen und mit einem Rautengewölbe
versehen. Äußere Strebepfeiler dienen zur Auf-
nahme des Seitendruckes des Gewölbes. Die Sa-
kristei ist ebenfalls mit spätgotischen Gewölben
ausgestattet. Die Wände sind mit Malereien ver-
ziert, welche in neuerer Zeit bloßgelegt und restau-
riert wurden. Die Domkirche (Pfarrkirche SS. Ilario
22) Conte Francesco di Manzano: Annali del
Friuli, Vol. VI., pag. 136.
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