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Hans Tietze Ein Porträt des Francesco Filelfo

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unserer Zeichnung, das die Albertina-Publikation
ursprünglich als H gelesen hatte, ist genau so ge-
formt wie auf dem Blatte 21 a des Hausbuches jener
viel diskutierte Buchstabe in der Livreinschrift, die
jetzt als Signatur des Künstlers Heinrich Mang ge-
lesen wird, der der Sohn unseres Innsbruck-Augs-
burger Mang gewesen sein soll11).

Art von Tiecks Sternbald liegt in dieser Vorstellung
von dem italienfahrenden Augsburger Studenten, der
seinem Vater die naturgetreuen Konterfeie der ver-
ehrten Lehrer schickt, zu deren Füßen er andachts-
voll und lernbegierig gesessen; und in der Art, wie
die Zeichnung ausgefallen ist, spiegelt sich der
ganze deutsche Frühhumanismus wider, wie ihn


Fig. 92 Kirchenvater von N. Pizzolo in der Eremitanikapelle in Padua

Ob unserem Blatte in diesem Rattenkönig von
Hypothesen, den die Frage des Hausbuchmeisters
gegenwärtig darstellt, eine Bedeutung zukommt, weiß
ich nicht; aber auch abgesehen davon scheint sie
mir, zumal wenn meine Vermutung ihres Zusammen-
hanges mit dem Briefe Gossembrots Anklang findet,
Beachtung zu verdienen. Etwas von längst entwöhn-
tem Schimmer altdeutscher Künstlerromantik in der

u) Bossert-Storck, Das mittelalterl. Hausbuch, Jahres-
gabe d. deutschen Vereines f. Kunstwissenschaft I912, S. 34.

z. B. der alte Gossembrot vertritt12). Voll scholasti-
scher Altväterweisheit und dennoch von unbedingter
Verehrung der neuen Bildung erfüllt; so ist auch in
unserer Zeichnung das Renaissanceideal nicht als
eine neue Formenwelt, sondern als eine heiße Sehn-
sucht danach lebendig geworden.
Hans Tietze.
12) Über S. Gossembrot s. Wattenbach in Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins XXII und XXV und Fr.
Roth in Allgemeine Deutsche Biographie, 49. Bd., S. 475.
 
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