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22 Hans Tietze Doraenico Martinelli und seine Tätigkeit für Österreich

und ähnliche Einzelstücke vorbereitet hat. Die charakterlosen Kopien lassen die einstige Fein-
heit und Sorgfältigkeit, die den Zeichnungen Martinellis nachgerühmt wird, noch erkennen.

Ob die Abweichungen des Palastes, wie er heute steht (Abb. 15), von jenen Entwürfen
geistiges Eigentum Martinellis sind oder ob ein anderer so weitgehende Änderungen an ihnen
vornahm, läßt sich kaum entscheiden; das erstere ist wahrscheinlicher, weil diese Veränderungen
ihrer Art nach schon in den ersten Stadien des Baues berücksichtigt werden mußten und
Martinelli —• wie der Brief Gabrielis zeigt — wenigstens bei diesen Anfängen zu Rate gezogen

Abb. 10 Entwurf zum 'Liechten stein sehen Gartenpalais: Detail. (Nach Wiener Bauhütte, II.)

wurde; und weiter weil diese Veränderungen Verbesserungen sind und die für das Palais
so charakteristische Straffheit vermehren. Die doppelte Bewegungsrichtung der geplanten
Fassade mit den nach außen führenden Freitreppen und der Hervorhebung der Mittelachse
wirkt unruhig, unausgeglichen; in der bestehenden Fassade sind die Seitenflügel ganz gleich-
mäßig durchgebildet und der Mitteltrakt mit dem durchbrochenen Erdgeschoß und den
horizontal gleichwertigen Hauptgeschossen durchaus als ein einheitliches Stück gebildet.
In wohlausgewogener Ruhe halten die drei Teile einander im Gleichgewicht. Auch die
geringere Überhöhung des Mitteltraktes, die sogar den Fenstern in einer Flucht zu laufen
gestattet, dient der strengeren Geschlossenheit der Hauptansicht und der edlen Wuchtigkeit
des Gesamteindruckes.

Diese Geschlossenheit, eine Bildung aus einem Stück, charakterisiert den Baublock des
Schlosses nach allen Seiten (Abb. 16 und 17); wie in maßvollem Spiel, von einer von innen
 
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