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Anny E. Popp Eine Alterszeichnung Donatellos?
Dann kommt das Motiv für Botticelli aber auch wie bei Donatello als kompo-
sitionelles Element in Betracht; auch da als typische Lösung, die zum feststehenden
Schema wird, gegenüber dem Einmaligen bei Donatello. Es ist ein Mittel, eine zen-
tralisierte Komposition zu schaffen, in dem sich die Seitenbiegungen um eine Vertikale
ordnen. Auch Donatello hatte Vertikalen angebracht: in dem Kreuzesstamm und den
seitlich flankierenden Gestalten. Sie sollten aber hauptsächlich einen Maßstab der
gewaltsamen Bewegung geben und die Komposition symmetrisch abschließen. Sie sind
aber nicht mit dem Motiv der seitlichen Biegung zu einer Einheit verschmolzen.
Abb. 33 Botticelli, Pietä. München, Alte Pinakothek.
Botticelli schließt schon im Münchener Bild die Hauptgruppe zu einem Dreieck zusammen,
in dem die knienden Frauen (die enge Verwandtschaft mit Donatellos Magdalena verraten)
eine breite Basis bilden, und läßt in ihm die Gestalten seitlich kippen, behält aber noch
wie Donatello auch die vertikalen Seitenflanken der stehenden und rahmenden Gestalten
bei und versucht nur die Gruppe links mit der Hauptgruppe durch die Wiederholung ihrer
Hauptrichtungen zu verbinden.
Im Mailänder Bild dagegen, das wohl später sein muß, wird die zentrale Vertikale in
der Hauptgruppe selbst so stark betont, daß die seitlichen Flanken überflüssig werden:
das Dreieck umfaßt nun alle Gestalten. Es ist eine einheitliche Komposition geworden,
innerhalb deren die seitlichen Neigungen wechselständig, von der Mittelvertikale wie
die Zweige von einem Baum ausgehen und mehr oder minder alle Gestalten erfassen;
Christus gegen die Madonna und Johannes; ihnen entgegen Josef von Arimathia, denen
sich dann die Frauen seitlich beifügen.
Anny E. Popp Eine Alterszeichnung Donatellos?
Dann kommt das Motiv für Botticelli aber auch wie bei Donatello als kompo-
sitionelles Element in Betracht; auch da als typische Lösung, die zum feststehenden
Schema wird, gegenüber dem Einmaligen bei Donatello. Es ist ein Mittel, eine zen-
tralisierte Komposition zu schaffen, in dem sich die Seitenbiegungen um eine Vertikale
ordnen. Auch Donatello hatte Vertikalen angebracht: in dem Kreuzesstamm und den
seitlich flankierenden Gestalten. Sie sollten aber hauptsächlich einen Maßstab der
gewaltsamen Bewegung geben und die Komposition symmetrisch abschließen. Sie sind
aber nicht mit dem Motiv der seitlichen Biegung zu einer Einheit verschmolzen.
Abb. 33 Botticelli, Pietä. München, Alte Pinakothek.
Botticelli schließt schon im Münchener Bild die Hauptgruppe zu einem Dreieck zusammen,
in dem die knienden Frauen (die enge Verwandtschaft mit Donatellos Magdalena verraten)
eine breite Basis bilden, und läßt in ihm die Gestalten seitlich kippen, behält aber noch
wie Donatello auch die vertikalen Seitenflanken der stehenden und rahmenden Gestalten
bei und versucht nur die Gruppe links mit der Hauptgruppe durch die Wiederholung ihrer
Hauptrichtungen zu verbinden.
Im Mailänder Bild dagegen, das wohl später sein muß, wird die zentrale Vertikale in
der Hauptgruppe selbst so stark betont, daß die seitlichen Flanken überflüssig werden:
das Dreieck umfaßt nun alle Gestalten. Es ist eine einheitliche Komposition geworden,
innerhalb deren die seitlichen Neigungen wechselständig, von der Mittelvertikale wie
die Zweige von einem Baum ausgehen und mehr oder minder alle Gestalten erfassen;
Christus gegen die Madonna und Johannes; ihnen entgegen Josef von Arimathia, denen
sich dann die Frauen seitlich beifügen.