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Anton Richard Franz Wiener Baukünstler in Preßburg ira Theresianischen Zeitalter

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Abb. 11 Mittelsalon im Grassalkovichpalais.

dem durch dessen tolle Verschwendung der größte
Teil des schier unerschöpflichen Vermögens vergeudet
war, im Jahre 1846 aus.

Bei all seinem immensen Reichtum scheint
Grassalkovich aber doch auf manchen Gebieten von
einer gewissen Sparsamkeit gewesen zu sein. Er ließ
sich vom Kammerarchitekten Martinelli den Plan zu
einem Palais entwerfen. Der Bau unterblieb aber
wahrscheinlich, da es ihm inzwischen gelungen war,
auf Kosten der Hofkammer zu einer Amtswohnung
zu gelangen. Wie jedoch das Inventar dieser Wohnung
aus dem Jahre 1765 zeigt, war dieselbe aber nicht

bemerkt, im Innern fertiggestellt worden zu sein) von
[Antonio] Galli Bibiena ausgemalt wurde. Es wäre immer-
hin möglich, daß dieser zwar nicht 1717 aber doch zwischen
1723 und 1740 die Kuppel der Trinitarierkirche malte,
da er auch in Ungarn tätig war. Nach dem Tode Karls VI.
verließ er aber Österreich und begab sich nach Italien. Es
ist kaum wahrscheinlich, daß er im Jahre 1760 nochmals
nach Preßburg gekommen sei, die Kapelle des Grassal-
kovichpalais auszumalen; wahrscheinlicher ist, daß beide
Scheinkuppeln in nicht zu weit auseinanderliegender Zeit
von einem andern uns unbekannten Künstler geschaffen
wurden.

so sehr für den Haushalt eines großen Herrn und
seiner Familie, als nur als Absteigquartier und zum
Zwecke großer Empfänge möbliert58), so daß sich
das Bedürfnis nach einem bequemen Familienhaus
für längeren Aufenthalt vielleicht doch bald bei
höherem Alter fühlbar machte. Es ist allerdings auch
möglich, daß Martinellis Plan für den Palast erst
nach dem Neubau des Kammergebäudes entstand
und dessen Ausführung infolge des Todes Martinellis
nicht zustande kam. Wenn sich aber Grassalkovich
den ersten Plan vom Kammerarchitekten entwerfen
ließ, so ist es wohl mehr als wahrscheinlich, daß er
sich auch sein im Jahre 1760 erbautes Palais von
dessen Nachfolger Hillebrand erbauen ließ, mit dem
er dienstlich fortwährend in Berührung war, dessen
Qualitäten als Architekt er kannte und schätzte und
für dessen Anstellung hauptsächlich die Empfehlung
des Grafen Ulfeld auf Grund des für diesen in Wien
erbauten Palais maßgebend gewesen war.

Noch ein Umstand spricht für Hillebrand als
Erbauer des Grassalkovichpalais, das ist die auf-
fallende Ähnlichkeit desselben mit der ehemaligen
Primatialsommerresidenz.

Dieser einstens schönste aller Preßburger Paläste
erhebt sich hinter dem Grassalkovichpalais (die
Gärten stoßen aneinander) auf dem Esterhäzyplatz.
Primas Georg Lippai (1665—1695) errichtete den
ältesten Bau59), von dem noch die beiden rechtwinklig
an den Hauptbau sich anschließenden einfachen
Flügel stehen, die noch ganz Renaissancecharakter
tragen. Der von Lippai an Stelle des von Primas
Graf Franz Forgäch (1601—1615) gepflanzten um-
mauerten Baumgartens neuangelegte Ziergarten wird
ob seiner Schönheit und seines reichen plastischen
Schmuckes von B61 überschwenglich gepriesen. Garten
und Palais, die unter den Nachfolgern Lippais ver-
fielen, wurden von Primas Herzog Christian August
von Sachsen (1707—1725) wieder herzustellen be-
gonnen, dessen Werk sein Nachfolger Graf Emmerich
Esterhazy (1725—1745) fortzusetzen begann60). Im
Jahre 1735 scheint aber nach Bel am Gebäude noch
nichtviel geändert worden zu sein. Wahrscheinlich aber
dürfte Primas Esterhäzy von Donner einen Altar in der
Kapelle errichten haben lassen. In ihrer Anlage gleicht
sie sehr der Kapelle im Grassalkovichpalais, die
möglicherweise ihr nachgebildet wurde. Der Altar ist
ein verkleinertes einfacheres Abbild des von Donner
im Dom errichteten Hochaltares. Wenn wir hier wohl

58) K. u. k. Hofkammerarchiv Ung. Camerale 177-'
ex actis Nr. 40, Nr. 93.

59) M. Bel Notitia Hungariae I S. 640.

60) Ebenda S. 642.
 
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