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Anton Richard Franz Wiener Bankünstler in Preßburg im Theresianischen Zeitalter
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emporführte. Ihr Unterbau mit den mächtigen Atlanten
ist jedesfalls barock. Möglicherweise läßt sie sich auch
auf Rafael Donner zurückführen. Die Treppe aber,
wenigstens ihr Schmiedeeisengeländer, das die gleichen
Motive zeigt, wie wir sie an den Eisenarbeiten im
Apponyi- und Szecsenpalais finden, scheint jünger
zu sein und aus der Barköczyschen Zeit zu stammen.
Leider ist der herrliche Bau dieses schönsten
Schmuckes schon seit langem beraubt. Als das Palais
im Jahre 1859 in den Besitz des Militärärars überging,
wurde es in ein Militärspital verwandelt. Bald dar-
auf wurde die Terrasse und Treppe aus unbekannten
Gründen abgerissen. Interessant ist nun, daß diese ver-
loren geglaubte Terrasse nicht gänzlich verschwunden
ist, sondern sich in Köpcseny bei Preßburg am Schlosse
des Fürsten Batthyany befindet. Wie mir Fürstin
Batthyany mitteilte, fand ihre Bestandteile der Fürst
auf dem Materialplatze des Preßburger Baumeisters
Hubert, kaufte sie und ließ sie ohne die Treppe, für
welche in dem engen Cour d’honneür des dreiflügeligen
kleinen barocken Schlosses kein Platz ist, an der
Vorderfront desselben wieder aufstellen. Wie mir der
ungarische Unterrichtsminister Dr. v. Jankovich im
Jahre 1916 mitteilte, bestand damals die Absicht, die
alte Sommerresidenz des Primas, die am 19. No-
vember 1916 feierlich als Universität eingeweiht wurde
— es war dies der letzte große Festakt, der im Namen
des Kaisers Franz Josef vollzogen wurde —, im alten
Glanze wieder herzustellen. Die Lippaischen Seiten-
flügel sollten demoliert, die Arkaden geöffnet werden.
Der durch eine auf geschmacklosen Eisensäulen
ruhende, eingezogene Zwischendecke in zwei Stock-
werke geteilte große Saal sollte die alte Höhe erhalten,
das nach der Adaptierung zum Garnisonsspital gänzlich
verbaute Stiegenhaus wieder freigemacht werden.
Schließlich war noch geplant, die Terrasse mit ihrer
Freitreppe, sei es im Original oder wenigstens in
einer getreuen Kopie an der alten Stelle wieder zur
Aufstellung zu bringen.
Daß der Barköczysche Umbau höchstwahr-
scheinlich von Hillebrand durchgeführt wurde, zeigt
neben der besprochenen Ähnlichkeit der benachbarten
beiden Gebäude auch der Umstand, daß Hillebrand
nachweislich für Primas Barköczy tätig war, wenn
auch betreffs des Sommerpalais keine Daten vorliegen.
Es ist dies aus einem Briefe Grassalkovichs an die
Kammer anläßlich des Todes Barköczys und der
Sistierung der zahlreichen Bauten der tiefverschul-
deten Kirchenfürsten zu ersehen. In dem Postscriptum
zu demselben heißt es: „Dno. Architecto Camerali
Hillebrand, Strigoniensis aedificii quoque Directori,
delineationesque ejusdem habend, jam commisi, ut
easdem Sac’rimae Suae Majestati exhibeat et de
statu progressuque ejusdem usque ad nunc habito in-
formet“64).
Von Privatpalästen, die zu jener Zeit entstanden,
sind vor allen die jetzt im Besitze der Grafen Ester-
häzy, Sz6cs6n, Nyari befindlichen Gebäude sowie das
ehemalige Haus des Grafen Apponyi, jetzt ein Teil
des Rathauses, zu nennen, die ungefähr zu gleicher
Zeit entstanden und infolge zahlreicher verwandter
Züge untereinander und mit den vorhin geschilderten
Bauten zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf Hillebrand als ihren
Urheber schließen lassen. Waren doch die Bauherren
64) Ungar. Staatsarchiv. Cam. Hung. Pos. Literae Praes.
Grassalkovich 22. Juni 1765.
Abb. 12 Primatialpalais, Terrasse auf der Gartenseite.
Nach einer Photographie im städtischen Museum in Preßburg.
Anton Richard Franz Wiener Bankünstler in Preßburg im Theresianischen Zeitalter
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emporführte. Ihr Unterbau mit den mächtigen Atlanten
ist jedesfalls barock. Möglicherweise läßt sie sich auch
auf Rafael Donner zurückführen. Die Treppe aber,
wenigstens ihr Schmiedeeisengeländer, das die gleichen
Motive zeigt, wie wir sie an den Eisenarbeiten im
Apponyi- und Szecsenpalais finden, scheint jünger
zu sein und aus der Barköczyschen Zeit zu stammen.
Leider ist der herrliche Bau dieses schönsten
Schmuckes schon seit langem beraubt. Als das Palais
im Jahre 1859 in den Besitz des Militärärars überging,
wurde es in ein Militärspital verwandelt. Bald dar-
auf wurde die Terrasse und Treppe aus unbekannten
Gründen abgerissen. Interessant ist nun, daß diese ver-
loren geglaubte Terrasse nicht gänzlich verschwunden
ist, sondern sich in Köpcseny bei Preßburg am Schlosse
des Fürsten Batthyany befindet. Wie mir Fürstin
Batthyany mitteilte, fand ihre Bestandteile der Fürst
auf dem Materialplatze des Preßburger Baumeisters
Hubert, kaufte sie und ließ sie ohne die Treppe, für
welche in dem engen Cour d’honneür des dreiflügeligen
kleinen barocken Schlosses kein Platz ist, an der
Vorderfront desselben wieder aufstellen. Wie mir der
ungarische Unterrichtsminister Dr. v. Jankovich im
Jahre 1916 mitteilte, bestand damals die Absicht, die
alte Sommerresidenz des Primas, die am 19. No-
vember 1916 feierlich als Universität eingeweiht wurde
— es war dies der letzte große Festakt, der im Namen
des Kaisers Franz Josef vollzogen wurde —, im alten
Glanze wieder herzustellen. Die Lippaischen Seiten-
flügel sollten demoliert, die Arkaden geöffnet werden.
Der durch eine auf geschmacklosen Eisensäulen
ruhende, eingezogene Zwischendecke in zwei Stock-
werke geteilte große Saal sollte die alte Höhe erhalten,
das nach der Adaptierung zum Garnisonsspital gänzlich
verbaute Stiegenhaus wieder freigemacht werden.
Schließlich war noch geplant, die Terrasse mit ihrer
Freitreppe, sei es im Original oder wenigstens in
einer getreuen Kopie an der alten Stelle wieder zur
Aufstellung zu bringen.
Daß der Barköczysche Umbau höchstwahr-
scheinlich von Hillebrand durchgeführt wurde, zeigt
neben der besprochenen Ähnlichkeit der benachbarten
beiden Gebäude auch der Umstand, daß Hillebrand
nachweislich für Primas Barköczy tätig war, wenn
auch betreffs des Sommerpalais keine Daten vorliegen.
Es ist dies aus einem Briefe Grassalkovichs an die
Kammer anläßlich des Todes Barköczys und der
Sistierung der zahlreichen Bauten der tiefverschul-
deten Kirchenfürsten zu ersehen. In dem Postscriptum
zu demselben heißt es: „Dno. Architecto Camerali
Hillebrand, Strigoniensis aedificii quoque Directori,
delineationesque ejusdem habend, jam commisi, ut
easdem Sac’rimae Suae Majestati exhibeat et de
statu progressuque ejusdem usque ad nunc habito in-
formet“64).
Von Privatpalästen, die zu jener Zeit entstanden,
sind vor allen die jetzt im Besitze der Grafen Ester-
häzy, Sz6cs6n, Nyari befindlichen Gebäude sowie das
ehemalige Haus des Grafen Apponyi, jetzt ein Teil
des Rathauses, zu nennen, die ungefähr zu gleicher
Zeit entstanden und infolge zahlreicher verwandter
Züge untereinander und mit den vorhin geschilderten
Bauten zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf Hillebrand als ihren
Urheber schließen lassen. Waren doch die Bauherren
64) Ungar. Staatsarchiv. Cam. Hung. Pos. Literae Praes.
Grassalkovich 22. Juni 1765.
Abb. 12 Primatialpalais, Terrasse auf der Gartenseite.
Nach einer Photographie im städtischen Museum in Preßburg.