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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0046
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Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf TL

4'

Das andere war nur ein Zettel mit dem Auftrage, den Juden bis zu seiner Ankunft in Cassel in Ge-
wahrsam zu behalten; das erstere jedoch, ein längeres Schreiben: »an Hanü Dickhaut, meinen liebem
pathen, zu handen«, lautet:1

Mein freundlichen grus und gueten willen jederzeit zuvor. Freundlicher lieber Hans. (Das) schreiben von
diesem botten hab ich wohl und euern zustand got lob gern vernommen. Was uns betrifft, danken wir dem
lieben gott. Was Benjamin betrifft, hoffen wir, es werde besser mit ihm sein worden, dieweil ihr mir im letzten
schreiben nichts von ihm meldet.2 ,

Was Jacob, den juden, belanget, nimbt mich gros wunder, dasz er so mit grossen lügen mag aufgezogen
kommen, dieweil dieselben ihm gar nichts zutragen sollen; den ihm ist wohl bewust, das ich ihm kein geld uff
zins zu derselben zeit hab thun können, dan mir selbest geld zu borgen mehr vonnöthen gewesen, so ich die
kleinodi von dem Frantzosen wieder hette lösen sollen.3 Dieweil aber der alte judt wüste, dasz ich das geld bei
mir hielte, so lauf er mir nach, dasz ich ihm was vorstrecken wolle und, so ich wieder bedorfe in acht oder
14 tagen, kan er's doch mir wol wieder geben. Derselbe mus wahr bekennen, das ich nit mehr dan monatlich
von 100 1j3 thaler begert habe, er wolle dan auch ein lügner sein, wie sein söhn Jacob. Desgleichen hab ich
auch von Jacob kein mehrers begert auch kein handschrift von ihme, keine zins, wie derlügner gibt, begehret.
Desgleichen weiß er wohl, dasz er mir so lange nit das geld nicht verzinset hat; dan, so ich in die Franckforter
mesz zog, must ich selbst von etlichen ehrlichen leuten borgen; da ich aber dasselbe zu Franckfort nit bedorfte,
gab ich ihn ihr geld mit einer Verehrung mit dank wieder. Weil aber der bub oder judt sich mit solchen lügen
losmachen will, will ich nit hoffen, daß herrn räthe solches glauben werden. Bitte ganz freundlich, ihr wollet
den herren schwager, magister Lucanum, bitten, er wolle mit ernst anhalten, das er der gefengnus nicht entledigt
werde, er habe dan mein ausgelegt geld wider erleget oder mit genügsamen bürgen versichert; dan ich hoffe,
auch des ersten tages bei euch zu sein. Was anbelangt meine sach von Oriet, hab ich magister Johan Beckman
zugeschrieben, bit ihm den brief zuzustellen.

Was anlangt meiner hausfrauen behausung, so Hans Heise in seinem bleiben wirdt, mag es wol wieder
vermiedet werden.

Was den Multer anlangt mit dem gartenzins, werdet ihr wohl sehen, was billich und recht ist, ob er ver-
bessert oder verderbet ist an zeunen oder beumen.

Was Hansen Dorbecker anlanget mit den 3 reichsthalern, wollen ihr anklag machen; will hoffen, in kurzem
bei euch zu Cassel anzukommen. Ich were schon vor 14 tagen alhier auch gewesen; so habe ich noch auf guete
Vertröstung meiner nachstendigen besoldung aufgewartet; will hoffen, den ersten tag bescheid zu erlangen. Nicht
mehr. Grüßen mir vatter und mutter und alle andern gevatter, schwäger und guete freunde; will die alle in
schütz des almechtigen gottes befehlen. Actum Pragk den 27. septembris anno etc. 1616. Euer aller williger Jost
Burgi, Uhrmacher etc.

Zunächst nehmen wir, da Burgi gegen Schluss des Schreibens auch seiner »hausfrauen behausung«
erwähnt, die Gelegenheit wahr, das mitzutheilen, was über des Meisters "Wohnhaus in Cassel auf unsere
dahin zielende Anfrage ermittelt werden konnte. Herr Dr. H. Brunner, Bibliothekar an der Stän-
dischen Landesbibliothek zu Cassel und Vorsitzender des Hessischen Geschichtsvereins, fand in einem
Häuserverzeichniss von 1623, welches zur Zeit nur noch in durch den 1879 verstorbenen Casseler Ober-
bürgermeister F. Nebelthau angefertigter Abschrift im Stadtarchiv daselbst vorhanden ist, unter der
Ueberschrift »Brinckgasse« als Nr. 96 und bei der Hausnummer 616 die Angabe: »Jost Burgi, klein Uhr-
machers, haus steht zu.« Es konnte das Haus darnach als jetzt (seit 1867, vorher hatte es die Haus-
nummer 744) Nr. 60 des Grabens, der früher »Brink« hiess, bestimmt werden, gegenwärtig das
»Gasthaus zur Stadt Homberg«, zugleich Herberge für die Schneider-, Schreiner-, Drechsler-,
Böttcher- und Schlossergesellen. In der Nachbarschaft wohnte, wie das Häuserverzeichniss lehrt, 1623
auch der Schreiner Jost(?) Dickhaut, vermuthlich der Pathe Burgi's, an den die obigen Briefe ge-
richtet sind; er besass in jener Gegend zwei Häuser, jetzt Nr. 45 und 47 im Graben, damals Nr. 437
und 436 in der Brinkgasse. Aus der zu 616 beigeschriebenen Notiz »steht zu« darf wohl gefolgert
werden, dass Burgi sich i623 nicht in Cassel aufhielt und das Haus leer stand.

• Die Abschrift ist ziemlich incorrect; einige offenbare Fehler darin haben wir ohneweiters verbessert.

* Bramer, der mit Benjamin gemeint ist, war damals schon als Baumeister angestellt und muss demnach zu ,cner
Zeit eine nicht ungefährliche Krankheit durchgemacht haben. In der Schrift: Bericht und gebrauch eines proportionalhneals
nebst kurzem Unterricht eines parallelinstruments, beschrieben und an tag geben von Benimm Bramero, Marpurg 1617,
findet man sein Bildniss in Kupferstich aus dem Jahre 1616. Er stach auch selbst in Kupfer und sagt in seinem Buche:
»Etliche geometrische quaestioncs etc., welches 1618 ebenfalls zu Marburg erschien: Solche fragen habe ich zu beschreiben,
ihre figuren auf ein kupfer zu reissen und dem herren schwager (Jobst Burgi) zu einem glückseligen neuen jähr zuzuschreiben
nicht underlassen sollen. Datum Marpurg den I. januarii anno 1618.

3 Mit Rücksicht auf unsere früheren Mittheilungen können wir also die Anleihe in die Zeit vor 1610 verlegen.
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