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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Drach, Karl Alhard von: Jost Burgi, Kammeruhrmacher Kaisers Rudolf II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0045
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C. Alhard von Drach.

wieder in die gefengnuß, darinnen er mit urthel und recht erkent, so lange in haften eingenommen werden
möchte, bis er seinen söhn darinnen liefere«. Er producirte dabei das gleich mitzutheilende, von »Jost
Burgi diese tage über von Praga aus an seinen Verwalter abgegangene schreiben in originali, darauß zu sehen,
daß Burgi den juden wieder in's gefengnus haben will.« Dieser hier im Facsimile wiedergegebene Brief
ist noch bei den Acten vorhanden; er ist das einzige von Burgi durchaus eigenhändig geschriebene
Schriftstück, welches sich im Archiv zu Marburg gefunden hat, und war mit dem gleichfalls in getreuer
Abbildung reproducirten Petschaft versiegelt (s. S. 3g).

Da des Meisters Handschrift nicht ganz leicht zu lesen ist, werden wir auch eine Transcription
des Briefes geben, zuvor jedoch noch eine Bemerkung über Burgi's Siegel einschieben. Wir finden
nämlich in diesem letzten Petschaft ein vollständiges Wappen mit Helm und Helmzier, während das
auf S. 17 abgebildete Siegel, wie es im Revers vom 25. Juli 1579 enthalten ist, nur den betreffenden
Schild zeigt. Da nun in einem als Codex 7690' in der k. k. Hofbibliothek zu Wien aufbewahrten
»Reichssiegelbuch« auf Blatt 197 als Siegelung vom 3. Februar 1611 »Nobilitatio und wappen für
Jobsten Burgi, cameruhrmacher«, notirt ist,2 könnte man vermuthen, das jüngere Petschaft enthielte
ein durch den Kaiser vermehrtes und gebessertes Wappen. Burgi, der von dem ihm verliehenen Adel
weiter keinen Gebrauch gemacht zu haben scheint, hat jedoch damals nur eine Bestätigung seines alten
Wappens erhalten, was daraus hervorgeht, dass er schon zum Verschluss des oben S. 25 mitgetheilten
Schreibens vom 16. Juli 1592 dasselbe Petschaft mit dem vollständigen Wappen benutzt hat, wie es sich
auf diesem Brief vom 27. Juli 1616 findet.

Adressirt »an Hans Dickhaut,3 meinen grosgunstigen freund und paten, zue handen. — Cassel in Hessen«,

bietet das Schreiben folgenden Wortlaut:

* Mein williger dienst jederzeit zuevor lieber pate Hans. Euwer schreiben hab ich von Jost, dem boten, wol
empfangen und daraus verstanden, das gotlob die zuestend noch in unser ankunft gar vil beruend. Was anlanget
Hans Wagner, wollen mir zue unser ankunft wol richtig machen. Was Wilhelm Leten belanget, bin ich wol zue-
friden; dan ich beger nit, das einer durch mein gelt in schaden komen solte; jedoch beger ich mein geburet gelt.
Was die bereten mit dem berkhaubtman anlanget, mag dasselb auch auf vil ansuechen beruoen. Was Hans
Glesners son belangt, wirt sein handschrift ausweisen. Was Jacob, den juden, belanget, hab ich sein unbilich vor-
wenden in schreiben wol empfangen; biet darin nichts zue verseumen, das er wider in die gefenchnus bis auf
mein ankunft verhalten werde. Was Oriet von Metz Sachen belanget, sie ich, das meine folmechtiger nur miet-
ling und nicht erben sind; mag auch gedulden. Was die 7 gulde bei dem rector anlanget, wollen ir aufhalten,
bis wir heim komen; dan was billiche schuld were, wol gemachet werden, da mir zue Cassel weren. Was
Greschel belanget, bleib gleich dem andren.

In eil semtlich zue schliessen, euch sambt uns allen in gotes schütz befollen. Actum Prag den 27. jullii
anno 1616.+ — Euwer williger pat und dankbarlich freund Jost Burg, uhrmacher.

Dass die auch-von Burgi verlangte Inhaftnahme des Juden thatsächlich erfolgt ist, wird bewiesen

durch eine von einem neuen Anwalt Avemann verfasste und am 17. Februar 1617 bei Gericht prä-

sentirte »Protestation-, exception- und reservationschrift juncta petitione anwalt Jost Burgi et consortum contra

Jacob, den juden«, worin es heisst: »so will sich anwalt keinesweges versehen, daß der jude aus der gefengnüs

erlassen werden solte, sintemalen Burgi zu seiner ahnkunft der beschuldigten abschneidung 135 reichsthaler von

seiner handschrift mit dem juden einen besondern danz anfahen und sein recht jegen ihnen volfüren wird«.

Dem Acte liegen abschriftlich bei zwei »Missive« Burgi's, »so er ohnlängst an Hanß Dickhautten, burgern

und schreinern alhier, von Praga aus gethan«, von welchen wir nachstehend eines zum Abdruck bringen.

■ Derselbe ist bei Ghmel, »Die Handschriften der k. k. Hofbibliothek in Wien, im Interesse der Geschichte, be-
sonders der österreichischen, verzeichnet und excerpirt«, Wien 1841, Bd.Ii, S. 86 unter CCLXVI kurz beschrieben als: Cod.
Ms. Chart, in Fol. sec. XVI et XVII v. 208 Blatt und näher charakterisirt als: »Protocollum expeditionum germanicarum
cancellariae imperialis sub Rudolfo II. imperatore a die 6. septembris 1599 usque ad diem 19. januarii 1612.«

2 Wir verdanken die Mittheilung hievon Herrn Dr. Heinrich Modern in Wien. Von Herrn Dr. H. Zimerman
unternommene Nachforschungen haben ergeben, dass das Diplom weder im Reichsregistraturbuch noch sonst im Concept
erhalten ist.

3 Ueber die Persönlichkeit des Hans Dick haut konnten wir nichts Näheres ermitteln; dass er Schreiner gewesen,
kommt später vor. Der Name findet sich mehrfach, und zwar zuerst als der eines Hoftrompeters beim Landgrafen Philipp
dem Grossmüthigen.

4 Die Datirung folgt dem neuen Kalender; andernfalls hätte der Brief nicht schon am 3o. Juli in Cassel sein können.
 
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