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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0287
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Die Portriitsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol. ^S7

grau mit Angabe des Schlagschattens, den der Dargestellte und die Pfeife zu werfen scheinen. — Kata-
log Nr. 906.

164—167: »Die vier Bayrischen Narrn.« So führt das Inventar von 1621, f. 3656, unter
den früher in keinem Inventar erwähnten Bildern, und zwar unter den »Contrafet mit Ölfarben«, vier
Porträte auf, die aber nicht im Einzelnen bezeichnet werden. Man darf diese Angabe um so mehr auf
die vier hier folgenden Bildnisse beziehen, als sie von jeher in der gleichen Ordnung auf einander
folgten und als es bei keinem derselben an Beziehungen auf München oder Bayern fehlt: Nr. 164 und
167 sind nach Originalen der herzoglich bayrischen Kunstkammer gemalt; der in Nr. 166 Dargestellte
stand im Dienste des Münchener Hofes; endlich lässt sich in Nr. 165 ein Hinweis auf Bayern nicht
verkennen.

164. Toffel. In der Galerie des Herzogs Albrecht IV. (V.) von Bayern wird ein nun verlorenes
Bild eines Narren aufgeführt, »der Pinzger (Pinzgauer) Stoffl aus Zell« genannt;1 dieser ist wohl
identisch mit unserem Toffel, welcher Name ja auch eine Abkürzung von Christoph ist. Dagegen
dürfte man unser Bild kaum auf den Narren Christen (d. i. doch wohl Christian) beziehen, von welchem
auch ein Bildniss in Ambras vorhanden war.2

Silberschrift links oben: TOFFEL. Brustbild links, in Dreiviertelprofil, mit schwarzen Augen und
gleichem kurzen Vollbarte, breiter langer Nase und langer Oberlippe, das Haupthaar von einer hohen
braunen Mütze bedeckt, mit aufgestellter Krempe und aufgebundener doppelter Goldschnur, vorne mit
einer Agraffe in Gold (mit Perle), am Hinterhaupte mit einer weissen Straussenfeder geziert; die Hemd-
krause schmal, darüber ein schwarzer Rock mit braunem Pelzkragen und rothen Aermeln. Um die
Schultern ist eine lange Gliederkette aus Gold zweimal gelegt, daran eine Goldmedaille; eine zweite,
achterförmig gedrehte stärkere Kette lauft von der rechten Schulter zur linken Hüfte. Hintergrund
ein blauer Vorhang mit spärlicher Faltenangabe. Gut, aber flüchtig gemalt. Auffallend sind die
schlanken mageren Verhältnisse, namentlich von Brust und Armen. — Katalog Nr. 907.

165. Meindl? Hein dl? Der Name des in dem folgenden Bildchen dargestellten Hofnarren ist
unsicher, da ein Buchstabe (M? H?) zu Beginn der Aufschrift zu fehlen scheint. Derselbe Hofnarr
kommt, ein Trinkglas in der Hand, auch in einem Oelgemälde vor, welches eine Mummerei (in Augs-
burg) darstellt und sich jetzt im Durchgange zum Burgverliess der Franzensburg (in Laxenburg bei
Wien) befindet.3

Silberschrift links: . EINDL. Brustbild links, fast von vorne, mit vollem Gesichte, braunem Haupt-
haare und Vollbarte, letzterer sehr schmal, zwischen Wange und Kinn unterbrochen, auf dem Kopfe
eine hohe blaue Mütze, am Rande mit rosenroth gefärbtem Pelze verbrämt, hohe Halskrause und
blauer Rock, der vorne an der Brust, dann vom Halse bis zu den Achseln und auf diesen selbst mit
gelb- und rothgestreiften Borden und vorne überdies mit bunten Glasknöpfen (?) und Goldschnüren
geziert ist. Um den Hals ein rothes Band, daran eine grosse Silbermedaille, ferner eine zweifach um-
gelegte silberne Gliederkette, unter dieser eine Goldscheibe mit dem Zifferblatte einer Uhr, die Zeiger
gelb (Gold), die römischen Ziffern braun gemalt. * Grund graubraun, an der rechten Seite (des Be-
schauers) ein grüner Vorhang. Sehr sorgfältig durchgeführt. — Katalog Nr. 908.

1 Fickler's Inventar, Nr. 3374. — v. Reber, A, S. 162.

2 Nach Hainhofer's Manuscript, S. 108, und M. Zciller, Itiner. Germ. (Strassburg 1654), S. 353 f. befand sich in Ambras
lm dritten Zimmer beim Ofen Erzherzogs Ferdinand Tischrath Christe(n) gemalt, der viel von Läusen geplagt gewesen und
c'nmal in der Kirche, das Absingen des Christo eleison für eine boshafte Anspielung der Sänger auf ihn haltend, mit einem
Kolben unter sie gelaufen sei und den einen Musiker dahin, den andern dorthin gejagt habe.

3 A. Ilg, Führer durch die Franzensburg in Laxenburg, Wien 1882, S. 21. Die Beziehung auf Augsburg ist durch
c'er' im Bilde vorkommenden Stadtpyr gesichert.

4 Nicht zu verwechseln mit der Medaille auf den wunderbaren Blitzschlag, welcher auf dem Ziffernblatt des Thurmcs
der Stadtpfarrkirche zu Landskron die Ziffer III in IUI, die Ziffer VII in VVII (12) verwandelte. Diese Medaille wurde 1676
geprägt; das Naturwunder selbst fand am 28. Juli 1676 statt, also etwa 100 Jahre später, als das oben beschriebene Bild
Clltstand. Ucber jene Medaille vgl. die Erläuterungen von J. D. Köhler in den »Wöchentlichen historischen Müntz-Belusti-
gungen«, XIV, S. n3.

XV. . 33
 
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