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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Trevisio
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0268
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I

Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Treviso. 2z|.I

Renaissance — auch Treviso war, wie Verona und so viele andere oberitalienische Orte, einst eine durch-
aus im reichsten malerischen Schmucke prangende Stadt — sind vielfach die modernen, unsäglich
nüchternen und langweiligen, gelbangestrichenen Kasernen mit grünen Jalousien getreten, sehr oft
nur der Neuerungssucht ihr Dasein verdankend; ja, man kann sagen, dass Trevisos Vergangenheit fast
gänzlich in seinem Museo civico begraben liegt, in dessen unzulänglichen Räumen der Conservator
Prof. Luigi ßailo mit rastlosem Eifer Alles gesammelt hat, dessen er bei dem fortwährenden Ver-
nichtungskriege gegen das Alte, der hier geführt wird, habhaft werden konnte.1 Wir werden die
Verdienste dieses Mannes im Folgenden noch oft zu würdigen haben; ohne seine Bemühungen wäre
ein grosser Theil gerade der seltensten und werthvollsten Denkmäler Trevisos schon längst sang- und
klanglos, ohne dass die Wissenschaft auch nur davon hätte Notiz nehmen können, dem Demolirhaken
verfallen. Ich kann der guten Stadt Treviso, deren Gastfreundschaft ich wiederholt in ausgiebigstem
Masse genossen habe und deren ich stets dankbaren Sinnes eingedenk bin, den Vorwurf nicht ersparen,
dass sie mit dem Erbe ihrer Väter recht schleuderisch gewirthschaftet hat, eigentlich ganz unitalienisch,
unähnlich den zahlreichen grossen und kleinen Municipien, die die edlen Reste ihrer Vergangenheit
mit eifersüchtigem Stolze bewahren.2

Treviso ist die alte Hauptstadt der trevisanischen Mark, deren Grenzen, heute allerdings ge-
schmälert, sein altes Stadtsiegel mit der stolzen Inschrift verkündet:

»Monti Musoni Ponto Dominorque Naoni.«3

Einst eine Vormauer des römisch-germanischen Kaiserreiches im Süden, hat diese Mark, wie das be-
nachbarte Friaul, einen ausgesprochen feudalen Charakter gehabt; wie dort haben hier seit Lango-
bardenzeiten deutsche Herrengeschlechter auf den Vorbergen der Alpen ihre festen Burgen gebaut, von
denen sie über die unendliche, fruchtbare Ebene hinschauten, an deren Rande das Meer glänzt und
im Abendschein wie eine Fata morgana eine zauberhafte Insel auftaucht, mit Thürmen und Kuppeln,
die Herrin der Adria, Venedig. Wie nicht nur in den Namen sondern theilweise selbst im Typus der
friaulischen Adels- und Patriziergeschlechter deutsche Eigenart noch heute erkennbar ist, wenn auch
vollkommen romanisirt, in den Spilimbergo, Prampero (Pramberg), Partistagno (Perchtenstein), den
Gropplero von Gemona u. a.,4 wie noch heute deutsche Sprache und Bildung in der ganzen nun-
mehrigen Provinz Udine bekannt und geschätzt ist, so zeigt das älteste und vornehmste Geschlecht der
so vielfach verwandten trevisanischen Mark, die Collalto, dieselben Züge. Gleicher Abkunft, gleichen
Wappens und Namens mit den Hohenzollern sich rühmend, mit der gleichen Stammsage — die Donna

1 Vgl. das von Bailo seit 1888 herausgegebene »Bullettino del Museo Trivigiano« (bis jetzt 4 Hefte). Nr. 1 enthält
einen kleinen Führer durch das Museum; Nr. 4 (1892) die Geschichte und ein Verzeichniss der Gemälde der kleinen aber
manches werthvolle aufweisenden Pinacoteca Communale auf der Piazza dei Signori.

2 Literatur über Treviso: Guiden. Die älteste von Rigamonti, Descrizione delle piü celebri pitture di Treviso,
Treviso 1767. — Desselben seltenes »Giornale per 1'anno 1741, che contiene . .. tutte le ecclesiastiche funzioni ecc.« I,
Treviso 1741 —1745; II, 1745 — 1747 enthält manches Brauchbare; desgleichen das handschriftlich auf der Communalbiblio-
thek von Treviso bewahrte Werk von Gima, Le tre faccie di Treviso ecc. (Manoscr. Nr. 643). — Crico, Indicazione delle
architetture, sculture e pitture di Treviso, Treviso 1829. — Derselbe, Lettere sulle belle arti Trevigiane (die Provinz
Treviso behandelnd), Treviso 1833. — Bailo, Guida di Treviso, Treviso 1872. — Der neueste Führer ist von Santalena,
Treviso 1895. — Ferner: Sernagiotto, Passeggiate per la cittä di Treviso verso il 1600, 3 Hefte, Treviso 1869—1871. —
Caccianiga, Ricordo della prov. di Treviso, 2. Aufl., Treviso 1874. — Das Hauptwerk über die Kunst von Treviso ist das be-
kannte Buch des trefflichen Dominikanerpaters von S. Niccolö, Domenico Maria Federici, Memorie Trevigiane sulle opere
di disegno, dal mille e cento al mille ottocento, per servire alla storia delle belle arti d'Italia, 2 voll., Venedig, Andreola,
l8o3 (nicht zu verwechseln mit desselben Verfassers »Memorie Trevigiane sulla tipografia del sec. XV«, Venedig 1805).
— Aus der historischen Literatur wäre hervorzuheben: Bonifaccio, Historia Trevigiana, Treviso 1591, neuere (bessere)
Ausgabe, Venedig 1744, und das curiose aber reichhaltige Inschriften-Sammelwerk des Burchelatus, Commentariorum
memorabilium multiplicis historiae Tarvisinae locuples promptuarium, Tarvisii 1616.

3 Es sind die Alpen und der Lagunen- und Meeresstrand im Norden und Süden; im Westen und Osten die beiden
Flüsschen Musone (bei Mestre mündend) und Noncello (bei Pordenone, Portus Naonis, der altösterreichischen Enclave Por-
tenau), die die Grenze gegen das Paduanische und das Friaul bilden.

4 Siehe das hübsche Büchlein von A. v. Zahn, Deutsche Burgen im Friaul, Graz 1883. Das friaulische Junkerthum
des vorigen Jahrhunderts hat Ippolito Nievo, Manzoni's bester Nachfolger, in seinen Confessioni di un ottuagennario (Neue
Ausgabe von Le Monnier, Florenz 1895, deutsch in Heyse's Italien. Novelisten, Bd. III und IV) höchst lebendig geschildert.

XIX. 3l
 
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