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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0078
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Max Dvorak.

der Leitung des Pierre du Puy, welcher aus Toulouse berufen wurde. Seine Gesellen waren Ray-
mondet, Pierre Carmellayre, Colin et Jean de Grand Prix. Dann wurden die Gemächer und der
Kreuzgang im bischöflichen Hause mit Malereien geschmückt. Da arbeiten unter der Leitung des
Pierre Carmellayre Pierre Massonier, Olivier Sernin, Colin et Jean de Grand Prix, Bernard et Jacques
Raissa, Nicolle, Fromentin, Pierre Sierre, R. Gasanhe, Pierre Costain, Jean Beranger, Jeannin d'Angel
und Bernardon.

Neben dem bischöflichen Palaste stand die St. Etiennekirche und auch die begann man im Jahre
i3i8 auszumalen, und zwar sowohl die Oberkirche als auch die Unterkirche. Der Hauptmeister ist
Pierre de Puy; unter ihm arbeiten Pierre Gaudrac, Robert d'Entrecasteaux, ein Johannes Lombardus,
Huguet, Jean de Lyon, Jean Darbon, Pierre Massonier und Jean de Grand Prix.

In dieser Zeit ist auch bereits der Consistoriumsaal im päpstlichen Palaste fertig, dessen Aus-
malung dem Pierre Gaudrac anvertraut wurde. Seine Gesellen waren Bernard Raissa, Massonier, Guil-
laume Serni.

Im Jahre i3ig wurde die päpstliche Kapelle in der an den päpstlichen Palast angrenzenden
Kirche Notre-Dame des Domps von Pierre du Puy, Massonier, Bonivet, Jean de Grand Prix, Moreau,
Danisot, Johannot, Hugues und Odinet ausgemalt.

Damit waren die wichtigsten Aufgaben in Avignon beendet, denn von da an begegnen uns in
den Registern nur Aufzeichnungen über Malereien ausserhalb Avignons. Besonders viel wurde in dem
päpstlichen Schlosse in Sorgues gemalt. Die Leitung hat wiederum Pierre du Puy. Nach seinen
Anweisungen malen Pierre Massonier, Jean Olivier, Jean Daussures, Jean Langlois, Dejo, Andrinet,
Etienne Dalbo, Perrot Lenorman, Arinat, Aimery Calerier, J. du Pin, Guillaume Vidal, Morel Bucalha,
Thomas de Montpellier, Ademar de Valence, Perrot de Agenais, Pierre Bosquet, Aymar, Jean de
Romans, Vincent, Damso de Brabant, Jean Lelo. Die Ausmalung der westlichen Front des Schlosses
wurde einem Engländer Thomas Daristot übertragen, welcher jedoch angewiesen wurde, sich an die
Cartons des Pierre du Puy zu halten. Von diesen Künstlern, zu denen sich später noch andere gesellen,
wie Arnaud Coste, Jean Belo, Raymond Borquiera und Jacobus Lombardus, wurde nach und nach
das ganze Schloss mit Malereien geschmückt: die Gemächer, die Kapelle, die Thürme, die Kreuz-
gänge.

Wir belästigen den Leser mit dieser Namenaufzählung, weil sie vielfache Belehrung bietet. Wir
erfahren, wie viele Kräfte nach Avignon gezogen, wie umfangreiche Aufgaben ausgeführt wurden. Es
mögen unter den genannten Künstlern ganz untergeordnete Gesellen mitgezählt worden sein, doch
jedenfalls nur ausnahmsweise. Maler, welche wir unter der Leitung eines renommirten Künstlers finden,
treten später als selbständige Meister auf, so Pierre Gaudrac und Pierre Massonier. Es sind fast durch-
wegs Franzosen und zwar aus allen Gegenden Frankreichs.

Bekanntlich ist uns an französischen Wandmalereien aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
fast gar nichts erhalten. Doch überall, wo die Quellen halbwegs reicher fiiessen, sind uns Nachrichten
über Maler überliefert. Wie malten die?

Die wenigen Reste von Wandgemälden z. B. in Clermont, in Cahors, in Reims und anderswo,
welche aus den ersten Jahrzehnten des XIV. Jahrhunderts stammen, geben eine Vorstellung davon.
Es sind auf die Wand übertragene Glasgemälde oder vergrösserte Miniaturen und im Ganzen und
Grossen noch völlig im Zeichenstile des XIII. Jahrhundertes. Die Maler in Avignon unter Johann XXII.
malten kaum anders.1 Sie kamen wohl zum grossen Theil als fertige Meister aus Nah und Fern, aus
Toulouse und Lyon, aus Paris, aus der Normandie, aus Burgund, selbst aus England. Der gemeinsame
Stil war der gothische, so universal wie die gothische Sculptur. Die Wände der Paläste in Avignon und

bei Ehrle. Nachrichten aus dem Departementsarchiv in Avignon bei Achard, Notes sur quelques anciens artistes d'Avignon,
Carpentras 1856, und Requin, Documents inedits sur les pemtres, peintres veriers et enlumineurs d'Avignon: Comptes rendus
de la reunion des Societes des beaux-arts 1889.

1 Dass in der Provence am Anfange des Jahrhunderts Wandgemälde ebenso gemalt wurden wie damals sonst in
Frankreich, beweisen die Fresken in dem Ferrandethurm zu Pernes, also nicht weit von Avignon.
 
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