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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0139
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Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses.

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auch nur mit einem Worte gedacht, ohne weitere Redaction, ohne auch nur die persönlichen Momente,
die Patritius in erster Person aus seinem Leben erwähnt, zu streichen oder wenigstens in die dritte
Person umzusetzen, ohne Rücksicht auf historische Daten (z. B. Federicus tertius imperator qui adhuc
(1516) regnat, fol. 21') erschien das Buch, ein unerhörtes Plagiat! Der heissblütige, ehrgeizige und
eifersüchtige Paris de Grassis, damals schon Oberceremonienmeister, gerieth in die höchste Aufregung.
Er schlug dem Papste Leo X. vor, das Buch sammt dem Erzbischof Marcellus verbrennen zu lassen.
Neuerliche Censur durch ein Collegium von drei Cardinälen, darunter Achilles de Grassis, Bruder
des Paris.1 Das Buch, das schon vorher ein päpstliches Privileg auf fünf Jahre bekommen hatte, wurde
nicht confiscirt, nicht verbrannt, gehört aber dennoch heute zu den bibliographischen Raritäten.

Es wurde erwähnt, dass im Ceremoniale des Amelius vorerst nur für die Schwert- und Hutüber-
gabe an Kaiser und Könige, die sich zur Weihnachtszeit am päpstlichen Hofe aufhalten sollten, Vor-
schriften gegeben waren. Ist dieses Ceremoniale auch erst nach i3gy abgefasst, so haben doch solche
Ceremonien schon ein halbes Jahrhundert früher bestanden. Die älteste historische Notiz hierüber
fand ich in Mathiae Neoburgensis Chronica.2 Am 19. December 1347 kam Karl IV. in die mit dem
Interdicte belegte Stadt Basel; die Basler verweigerten ihm den Eintritt, wenn das Interdict nicht auf-
gehoben würde; da kam Abends der Propst von Bamberg, N. v. Randeck, vom päpstlichen Hofe zu
Avignon mit einem dem Bischöfe von Bamberg ertheilten Auftrage, das Interdict aufzuheben, und
brachte dem König eine an ihn gerichtete geschlossene päpstliche Bulle. Nachdem das Interdict auf-
gehoben worden war, erzählt der Chronist: In die sancto quoque Nativitatis Domini (rex) communi-
catus fuit, legitque in missa alta voce habens in manu evaginatum gladium evangelium »Exiit edictum
ab Augusto Caesare«. Hier also finden wir bereits einen wesentlichen Theil des Ceremoniels. Ob mit
der Bulle auch Schwert und Hut vom Papste gesendet wurde, wissen wir nicht. Ein anderer, nicht
gleichzeitiger und minder authentischer Bericht spricht von einem goldenen Schwerte, von einer Krone
auf dem Haupte und von dem heiligen Ornat eines Diakonen.3

In der Christnacht des Jahres 1415 kam Kaiser Sigismund um Mitternacht in eisiger Kälte über
den Bodensee nach Konstanz, er zog zum Concile und wollte den Feierlichkeiten der Christnacht bei-
wohnen. Kurz nach seiner Ankunft begab sich der Kaiser unter Fackelschein in die festlich beleuchtete
Kathedrale. »Nach althergebrachter Sitte,« berichtet Palacky, »diente der römische Kaiser dabei als
Diaconus mit der Krone auf dem Haupte am Altar und sang mit klangvoller Stimme das Evangelium
,Es erging ein Befehl vom Kaiser aus' (Exiit edictum a Caesare). Nach der Messe übergab ihm der
Papst ein geweihtes Schwert mit dem Bedeuten, es zum Schirme der Kirche zu gebrauchen, was Sigis-
mund mit freudiger Bereitwilligkeit zusagte.«4 Des Hutes geschieht keine Erwähnung.

Im Jahre 1468 trat Kaiser Friedrich III. seinen im Jahre 1462 gelobten zweiten Römerzug an,
mit der Erfüllung seines Gelübdes wollte der Kaiser auch politische Zwecke, die päpstliche Bestätigung
seiner Rechte auf Ungarn und Böhmen, verbinden. Ueber diese Romfahrt liegen zahlreiche zeit-
genössische Berichte vor.5 Der für unsere Zwecke wichtigste ist der des päpstlichen Ceremonien-

1 Vgl. die Darstellung des Paris de Grassis hierüber: Ex Diario Paridis de Grassis, Contra electum Corcyrensem, qui
predictum Augustini (Patritii) librum sub suo nomine vulgavit (Mabillon, a. a. O. II, 587 ff.).

2 Mathias von Neuenburg ist für Baseler Vorgänge seiner Zeit ein absolut zuverlässiger Zeuge; vgl. Mathiae Neu-
burgensis Chronica, herausgegeben von Dr. G. Studer, Bern, Hünerwald 1866, S. 142—145 und XXVIII, und J.F.Böhmer,
Regesta Imperii, tom. VIII, herausgegeben und ergänzt von Alfons Huber, Innsbruck, Wagner 1877, S. 45.

3 »Anno 1347 rex evangelium Basileae legit ad missam. In nocte quoque Dominicae Nativitatis rex Carolus in prin-
cipali ecclesia Basiliensi sacris indutus ornamentis diaconi, gladium tenens aureum in dextera manu et coronam portans in
capite regalem evangelium legit ad missam ,Exiit' etc. et sacramentum Dominici corporis accepit« (Trithemii Chron. Hirs.,
S. Galli 1690, tom. II, p. 204; vgl. Martene, a. a. O., III, 94).

4 Palacky Fr., Geschichte von Böhmen, Prag, Kronberger 1845, Iu> *> s- 328 (ohne Quellenangabe); vgl. Cochlaeus
Joannes, Historia Hussitarum libri 12, Mainz, Behem 1549, II, p. 69. Beide Kaiser sollen bei der Messe das Evangelium
»Exiit« gesungen haben, nicht bei den Matutinen. Das Evangelium »Exiit edictum a Caesare« wird bei der ersten
(Mitternachts-) Messe des heiligen Abends gelesen.

5 Pastor Ludwig, Geschichte der Päpste, Freiburg, Herder 1894, II, 398 f.; die citirte Handschrift der Hofbibliothek,
Cod. 4455, bringt überhaupt nichts von der Romfahrt Friedrichs III. Der Bericht des Arrivabene an die Markgräfin von
Mantua, vom 26. December 1468 datirt, enthält Ungenauigkeiten und beweist, dass der Berichterstatter Manches nur vom
 
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