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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Egger, Hermann: Entwürfe Baldassare Peruzzis für den Einzug Karls V. in Rom: Eine Studie zur Frage über die Echtheit des sienesischen Skizzenbuches
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0015
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Entwürfe Baldassare Peruzzis für den Einzug Karls V. in Rom.

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steht, beweist fol. 35v (3277) 1 des Sammelbandes architektonischer Handzeichnungen, welcher aus der
Sammlung Destailleur in den Besitz des k. Kunstgewerbemuseums in Berlin gelangt ist, auf dem unser
Decorationsbau mit einem Adler an der Spitze bis auf die fehlenden Nischen sich völlig übereinstim-
mend vorfindet, während zwei weitere Triumphbogenskizzen (Fig. 9) so das Gepräge Peruzzi'scher
Architektur an sich tragen, dass nur der Mangel jeglicher handschriftlicher Bemerkung es verbietet, sie
als Originalzeichnungen Baldassare Peruzzis zu erklären. Endlich noch die flüchtigen Triumphbogen-
studien von fol. 22% 25v und 26, wenn auch von ihnen nur mehr die Losung von fol. 25 (über der
Attica ein von einer mächtigen Pinie bekrönter Stufenbau) Beachtung verdient.

So liefert uns das sienesische Skizzenbuch in den angeführten fünfzehn Studien den Beleg, dass
Baldassare Peruzzi doch an den Vorarbeiten für den Einzug Karls V. betheiligt gewesen sein muss.
Da nun schon am 8. und 26. November 1535 im »consistorium secretum« die Frage des Festapparates
behandelt worden war, konnte ja noch im Laufe des November an Baldassare der Auftrag ergangen
sein, Entwürfe zu liefern, inmitten deren jedoch der Künstler am 6. Januar 1536 vom Tode ereilt wurde.
Schon während seiner Krankheit oder erst nach seinem Ableben mag dann die weitere Ausführung
Antonio da Sangallo d. J. übertragen worden sein.

Fig. 9. B. Peruzzi (?).

Sammclband architektonischer Handzeichnungen im k. Kunstgewerbemuseum in Berlin, fol. 35' (3277).

Es wäre nun hiemit die Theilnahme Baldassare Peruzzis hinlänglich bewiesen, wenn nicht ein
Moment das ganze Ergebnis zu vernichten drohte: das ist die Frage über die Echtheit des
sienesischen Skizzenbuches. Bisher wurde nämlich für dasselbe die Autorschaft Baldassare Peruzzis
stillschweigend angenommen, lediglich aus dem Grunde, um auf den Gang des Beweisverfahrens nicht
störend einzuwirken. Da aber die Frage über die Autorschaft des Taccuino uns noch keineswegs
endgiltig erledigt erscheint, sind wir gezwungen, dieselbe nochmals aufzurollen und in dem nun
folgenden Abschnitte in ausführlicher Weise zu behandeln, um das Ergebnis für unsere bisherige Unter-
suchung verwerten zu können.

Von diesem in der Biblioteca comunale in Siena unter S, IV, 7 aufbewahrten Skizzenbuche hat
zuerst P. Guglielmo della Valle2 Kunde gegeben; seit ihm ist dasselbe wohl in jeder Schrift über Bal-
dassare Peruzzi zum mindesten genannt worden. Im Jahre 1872 brachte Friedrich Matz3 eine äusserst
kurzgefasste Untersuchung über die darin befindlichen Antiken und im folgenden Jahre Albert Jahn4

1 Ich habe hier Herrn Dr. Paul Jessen, Director der Bibliothek und Ornamentstichsammlung im k. Kunstgewerbemuseum
in Berlin, für die Bereitwilligkeit zu danken, mit der er mir die photographische Aufnahme dieses Blattes gestattete.

2 Lettere Senesi III, p. 199.

3 Gött. Nachr. 1872, S. 51 ff.

4 Jahrb. f. Kunstwissenschaft V, S. 171 f.

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