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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Egger, Hermann: Entwürfe Baldassare Peruzzis für den Einzug Karls V. in Rom: Eine Studie zur Frage über die Echtheit des sienesischen Skizzenbuches
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0017
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Entwürfe Baldassare Peruzzis für den Einzug Karls V. in Rom.

Die Lösung hiefür ist einfach folgende: Diese simple Bemerkung des Zeichners bezieht sich keines-
wegs auf das ganze Skizzenbuch sondern nur auf den darüber skizzierten antiken Cippus,1 den Baldas-
sare Peruzzi seinen beiden Freunden geschenkt oder, was auch nicht ausgeschlossen ist, gelegentlich
einer Geldverlegenheit an letztere veräussert hat.2 Ausserdem gibt aber A. Weese zu, dass der Schrift-
charakter dieser Zeilen mit keiner der bekannten Namensunterschriften Baldassares identisch sei,
ein Moment, welches, von ihm im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen gar nicht mehr berührt, zur
Lösung der Frage erheblich beitragen soll. Vergleicht man nämlich die Unterschrift des Skizzenbuches
(fol. 35) mit den beiden einzigen Originalunterschriften Baldassare Peruzzis in der Sammlung architek-
tonischer Handzeichnungen in den Uffizien, so ergibt sich sofort die vollständige Fremdartigkeit der
Schriftzüge. Es sind dies folgende Unterschriften: Uff. n. 485, Grundriss und Aufriss zum Convent
»defratj del carmjno a Siena* vom 11. October 1531: »Jo Baldassarre perutjo architectore et pictore
fo piena et indubitata fede come gia piu sono* (Fig. 12) und Uff. n. 500, Grundriss und Aufriss zu dem
Castell von Caprarola, »del profilo de la Rocha di Caprarola«,: »Ser Silvestro da Caprarola ebbe juljj
16 da me baldassarre architecto de Siena per comprarmj tanto Ijno nol compro ne inj rende e denarj.«

Während letztere Unterschrift leider nicht datiert werden kann, beweist uns erstere aus dem
Jahre 1531, dass Peruzzi sich bis ins späte Alter seine zierlichen, angenehm lesbaren Schriftzüge er-

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Fig. 11. B. Peruzzi, Uffizi n. 633 Fig. 12. Unterschrift B. Peruzzis, Uffizi n. 485

(Ausschnitt). (Ausschnitt).

halten hatte, eine Thatsache, welche sich auch in seinen letzten Plänen, zu den beiden Palästen der
Massimi nämlich, constatieren lässt, in denen der Schriftcharakter ein und derselbe bleibt, wie er sich in
sammtlichen, so zahlreichen Handzeichnungen des Meisters in den Uffizien aus den verschiedensten
Perioden seiner künstlerischen Thätigkeit vorfindet (vgl. Fig. 11 als Schriftprobe). Es ist demnach
auch die Annahme völlig ausgeschlossen, dass Baldassare vielleicht in seinen letzten Lebensjahren von
seiner antiquierten Schriftweise abgegangen und sich einer anderen, moderneren anbequemt hätte, wie
sie uns im Skizzenbuche entgegentritt und die zum mindesten in die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts
zu setzen ist.

Eine weitere Hauptstütze für die Autorschaft Baldassare Peruzzis bildeten für A. Weese natürlich
ie zahlreichen architektonischen Skizzen, von denen ja Heinrich von Geymüller die auf den Bau von
t. Peter bezüglichen in seinem epochalen Werke herangezogen und besprochen hatte. Betrachten wir

1 Dass sich diese Zeilen nur auf den Cippus beziehen, ist gewiss auch die Ansicht der Editoren des Corp. Inscript. Lat.
gewesen, welche die Inschrift (VI, 28.509) sammt der in Rede stehenden Bemerkung wiedergaben.

Auffallend bleibt immerhin die Schenkung dieser Anticaglie an zwei Persönlichkeiten. Der Architekt Jacomo Melighino
(auch Meleghino und Melighi genannt) wird von Vasari mehreremale (Vas.-Mil. IV, 607; V, 470; VII, 106) erwähnt. Er war
ein Ferrarese von adeliger Geburt, Sohn eines gewissen Messer Francesco Giovanni, wurde »cappellano« des Cardinais von
^ errara, dann Rector der Kirche S. Cristoforo di Compiegnano in der Diöcese Perugia. Im Jahre 1535 war er Rechnungs-
rer an dem Baue von St. Peter, »computista di S. Pietro«, und als solcher übersandte er nach Vasari dem schwerkranken
CA mittellosen B- Peruzzi auf Anordnung Pauls KL IOO Scudi; 1536 unterschreibt er sich in einem von B. Podestä
di N ' r16"3 S0C' R°m' d' St°r' patr- p- 329^ PuHicierten Actenstücke mit: »Jo Jacomo melighino comiss. delle fabriche
• 1547 und 1549 wird er als »architectore della fortificazione del Borgo« angeführt (E. Müntz, Les mon. ant. de

ome, Rev. arch. 1886, II, p. 324). Pierantonio Salimbeni mag wohl ein Mitglied der bekannten sienesischen Künstlerfamilie
Wesen sein i näheres ist über ihn nicht überliefert.

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