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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0137
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Ferner hat sich der Meister auch in der räumlichen Anordnung, z. B. den Schranken, bis zu gewissem
Grade an das ältere Mittelstück halten müssen, wiewohl gerade hier die Vergleichung ergibt, wie das
Bestreben auf subjective Localisierung im Räume und auf tastbarere Gestaltung der Einzelformen seit
152g gewachsen war. Vollständige Klarheit darüber, wie sich Dirk Jacobsz am Ende seines bedeutungs-
vollen Schaffens ein ideales Gruppenporträt vorgestellt hat, erlangen wir blos aus einer Betrachtung
seiner zwei gesicherten Spätwerke, von denen wir zuerst und vornehmlich das spätere und reifere von
1563 (Fig. 23) betrachten wollen, das jetzt im Rijksmuseum unter Nr. 718 hängt. Schon der erste Blick
lehrt, dass hier sowohl die Auffassung als die Composition eine ganz veränderte geworden ist.

Wo sind die früheren Figuren, die sich einzeln isoliert und objectiv dem Beschauer gegenüber- Das
gestellt hatten? An ihrer Stelle sehen wir da eine Gesellschaft von zwölf Schützen, die zwar noch ^mrkTa'obsz
immer sämmtlich nach der Seite des Beschauers in der bei Dirk Jacobsz von Anbeginn beobachteten vom Jahre i563.
geringen Zerstreuung der Blickstrahlen herausschauen aber nun, anscheinend einem gemeinsamen
Impulse folgend, sich in Bewegung gesetzt haben und nach einer Richtung hin am Beschauer vorüber-
zumarschieren scheinen. Acht Schützen sind übereinstimmend von links nach rechts gewendet und
zeigen uns jeder seine rechte Schulter; zwei wenden sich geradeaus, wodurch sie den Zug kaum auf-
halten, und blos zwei stemmen sich demselben massig entgegen; aber selbst diese vollziehen keine so
ausgesprochene Gegenbewegung, dass ihre linke Schulter dem Beschauer zugekehrt wäre. Der Zug
erscheint hienach gegen den rechten Rand hin zwar etwas gestaut aber nicht aufgehalten oder gar
durch eine Gegenbewegung aufgehoben. Zum ersten Male begegnet also eine gemeinsame Handlung
zur Versinnlichung der Einheit der dargestellten Gruppe von Schützen, und zwar keine »historische«
Handlung, die sich einmal vollzogen hat, sondern eine öfter wiederholte, deren Bedeutung eben blos
•n dieser häufigen, typischen Wiederholung lag: mit einem Worte eine genremässige Handlung.
Teunissen war zwar darin bis zu einem gewissen Grade vorangegangen; aber er hatte blos die Mahlzeit
durch Tisch, Speisen und Getränke markiert, von den Schützen dagegen Keinen wirklich essen oder
trinken lassen. Dirk Jacobsz schildert aber 1563 eine gemeinsame Handlung, an der fast Jeder wirklich
 
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