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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0179
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Das holländische Gruppenporträt.

I73

Fig. 34. Schützenstück des Cornelis Cornelisz vom Jahre 1599
Haarlem, städtisches Museum.

eines Schützencorps«, was auch durch die Costüme bestätigt wird. Man ersieht daraus, dass die Organi-
sation der Haarlemer Schützen nach der Reform eine etwas andere gewesen ist als jene der Amster-
damer. Zwar ist auch in Haarlem die neue Ordnung an die alten Doelen gebunden geblieben; aber
während diese in Amsterdam fast alle Bedeutung verloren und sich in Compagnien, Halbcompagnien
und Corporalschaften zersplitterten, behauptete sich in Haarlem das aus dem Doelen hervorgegangene
Schützencorps auch nach Aussen hin nachdrücklicher als ein Ganzes. So erklärt sich, dass uns auf den
Amsterdamer Schützenbildern seit Cornelis Ketel nebst den gemeinen Schützen stets ein Capitän, ein
Lieutenant und ein Fahnenjunker als Officiere begegnet waren, während auf den Haarlemer Bildern,
namentlich von Frans Hals an, eine grössere Anzahl von Officieren (worunter in der Regel auch eine
Mehrzahl von Fahnenjunkern) versammelt erscheint, der gemeine Schütze hingegen allmälig vollständig
daraus verschwindet. Damit ist aber zugleich gesagt, dass die Organisation in Haarlem eine mehr
aristokratische geworden ist, während sie in Amsterdam den demokratischen Charakter treuer fest-
gehalten hat. Dafür konnte sich in Amsterdam die Subordination unter den Capitän kräftiger entfalten
als in Haarlem, wo der commandierte gemeine Schütze in Wegfall kam und die Officiere einander
naturgemäss die Waage hielten. Dies hilft auch die Entwicklung der Auffassung des Gruppenporträts
hier und dort von vornherein richtiger verstehen. Die einer (natürlich stets in beschränkten Grenzen
verbleibenden) Subordination zugänglichen Amsterdamer wurden dadurch namentlich unter Rembrandt
nahezu an die Grenze des Historienbildes geführt, während die Haarlemer zwar von Anbeginn, wie wir
soeben gesehen haben, ein bestimmtes Maass innerer Einheit in das von ihnen genremässig aufgefasste
Gruppenporträt gebracht haben, aber dafür lange nicht über die Coordination der für sich durch Subordi-
nation zu innerer Einheit abgeschlossenen Theilgruppen hinausgegangen sind. In Haarlem ist es daher
 
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