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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0187
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Fig. 3y. Regentenstück des Cornelis van der Voort vom Jahre 1618.
Amsterdam, Rijksmuseum.

kennt, sie stunden in gegenseitigem Wechselverkehr miteinander. Damit hätten wir in Amsterdam,
das bis auf vereinzelte abweichende Ausnahmen in der Art von Fig. 36 seit Dirk Barentsz höchstens
den einseitigen Verkehr zugelassen hatte, etwas völlig Neues und Unerhörtes gegeben, das geradezu
mit der Haarlemer Auffassung zusammenzufallen scheint. Und doch ist es wieder etwas Anderes;
denn zur geschlossenen Genregruppe im Sinne des Cornelis Cornelisz fehlt die Subordination aller
zur Theilgruppe gehörigen Figuren unter eine (Verbrüderungsantrag, Eidabnahme), zur zugleich
offenen und geschlossenen im Sinne des Frans Grebber aber die gleichzeitige Wendung zum Be-
schauer. Nach Cornelis Cornelisz dürfte blos eine Figur sprechen, während die andere sich auf das
Zuhören beschränken müsste; im vorliegenden Falle sehen wir aber deutlich beide als sprechend
charakterisiert, da beide die üblichen, die Rede begleitenden Gesten mit dem Zeigefinger der aus-
gestreckten Hand ausführen. Es ist also etwas wie eine Debatte gemeint, die diese Zwei untereinander
führen, und dies ermöglicht es uns, dieselben in den gleichen Zeitmoment wie die übrigen genremässig
einzufügen, indem wir sie etwa über die Unterstützungswürdigkeit der Partei ihre widersprechenden
Meinungen austauschen lassen. Diese Interpretation mag ja vielleicht im Einzelnen nicht das Richtige
treffen aber über die Bedeutung des Ganzen kann wohl kein Zweifel übrig bleiben. Während noch
in Cornelis Cornelisz' Bilde von 1599 die hinteren Genrescenen mit ihrer inneren Einheit und die
vorderen Bewegungen gegen die Beschauer hin mit ihrer äusseren Einheit von einander ganz unab-
hängig waren und daher fast vollständig auseinanderfielen, ist hier bei Cornelis van der Voort zum
ersten Male der unverkennbare Versuch gemacht, zwar einen genremässigen Wechselverkehr einzu-
führen, denselben aber zugleich ungezwungen (nicht wie bei Frans Grebber gezwungen) in die nach
 
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