Fig. 40. Regentenstück des Werner van Valckert aus dem Jahre 1624.
Amsterdam, Rijksmuseum.
Stellung der äusseren Einheit in Raum und Zeit — gelöst, soweit dies überhaupt möglich war, ohne
die innere Einheit vollkommen und selbstständig durchzufuhren. Eine vollkommene Zeiteinheit war
aber ohne Veranschaulichung vollkommener innerer Einheit in den psychischen Lebensäusserungen und
den ihnen entsprechenden Actionen der Figuren schliesslich doch nicht möglich und daraus ergibt sich
schon das Problem der nachfolgenden dritten Periode: um eine vollkommene äussere Einheit in Raum
und Zeit herbeizuführen, musste man eine vollkommene innere Einheit zu erreichen trachten. Eine
solche war von den Romanen längst gefunden und lag in der italienischen Kunst fertig vor: das hol-
ländische Problem bestand aber darin, dieselbe mit der äusseren Einheit restlos auszugleichen, die zu
innerer Einheit abgeschlossene Scene als ein subjectives Erlebnis des Beschauers erscheinen zu lassen.
In der Composition bildet der etwas schräg nach vorne herausspringende Tisch ein wirksames
Raumcentrum; damit verbindet sich eine ruhige Zusammenfassung in der Ebene durch eine annähernd
horizontale Scheitellinie der Köpfe, die rechts in der Diagonale absinkt und damit die verbindende
Wirkung einer Dreieckcomposition herbeiführt. Die Köpfe selbst zeigen ein bis dahin unerhörtes
Relief, das sich gegen den Beschauer fast mit tastbarer Härte abrundet; da aber die Umrisse bereits
fühlbar lockerere geworden sind, wird der psychische Ausdruck der Aufmerksamkeit, der hier ohnehin
einen etwas lauten und vordrängenden Charakter erhalten hat, durch jenes physisch Greifbare nicht
benachtheiligt. Die gleiche Neigung zur tastbaren Ausladung aus der Ebene heraus, die sich in der
Figurencomposition äussert, verräth sich in der Architektur des Hintergrundes mit ihren schräg vor-
springenden Mauerecken und Pilastern und in ihrer Verzierung mit Reliefs, wie sie die folgende auf
ruhigere Fernwirkung abzielende Phase der holländischen Malerei im Allgemeinen nicht mehr zur Ver-
wendung gebracht hat. Die Gegenstände der Reliefs bilden Anspielungen auf die Thätigkeit dieser Re-
genten, indem sie den Lazarus mit den Hunden, Lazarus im Himmel und endlich, soviel man erkennen
kann, noch andere Werke der Barmherzigkeit darstellen. Vom Hintergrunde lösen sich die Figuren durch
Randschatten, wodurch eine wirksame Verbindung der ersteren mit dem umgebenden Lufträume herge-
Amsterdam, Rijksmuseum.
Stellung der äusseren Einheit in Raum und Zeit — gelöst, soweit dies überhaupt möglich war, ohne
die innere Einheit vollkommen und selbstständig durchzufuhren. Eine vollkommene Zeiteinheit war
aber ohne Veranschaulichung vollkommener innerer Einheit in den psychischen Lebensäusserungen und
den ihnen entsprechenden Actionen der Figuren schliesslich doch nicht möglich und daraus ergibt sich
schon das Problem der nachfolgenden dritten Periode: um eine vollkommene äussere Einheit in Raum
und Zeit herbeizuführen, musste man eine vollkommene innere Einheit zu erreichen trachten. Eine
solche war von den Romanen längst gefunden und lag in der italienischen Kunst fertig vor: das hol-
ländische Problem bestand aber darin, dieselbe mit der äusseren Einheit restlos auszugleichen, die zu
innerer Einheit abgeschlossene Scene als ein subjectives Erlebnis des Beschauers erscheinen zu lassen.
In der Composition bildet der etwas schräg nach vorne herausspringende Tisch ein wirksames
Raumcentrum; damit verbindet sich eine ruhige Zusammenfassung in der Ebene durch eine annähernd
horizontale Scheitellinie der Köpfe, die rechts in der Diagonale absinkt und damit die verbindende
Wirkung einer Dreieckcomposition herbeiführt. Die Köpfe selbst zeigen ein bis dahin unerhörtes
Relief, das sich gegen den Beschauer fast mit tastbarer Härte abrundet; da aber die Umrisse bereits
fühlbar lockerere geworden sind, wird der psychische Ausdruck der Aufmerksamkeit, der hier ohnehin
einen etwas lauten und vordrängenden Charakter erhalten hat, durch jenes physisch Greifbare nicht
benachtheiligt. Die gleiche Neigung zur tastbaren Ausladung aus der Ebene heraus, die sich in der
Figurencomposition äussert, verräth sich in der Architektur des Hintergrundes mit ihren schräg vor-
springenden Mauerecken und Pilastern und in ihrer Verzierung mit Reliefs, wie sie die folgende auf
ruhigere Fernwirkung abzielende Phase der holländischen Malerei im Allgemeinen nicht mehr zur Ver-
wendung gebracht hat. Die Gegenstände der Reliefs bilden Anspielungen auf die Thätigkeit dieser Re-
genten, indem sie den Lazarus mit den Hunden, Lazarus im Himmel und endlich, soviel man erkennen
kann, noch andere Werke der Barmherzigkeit darstellen. Vom Hintergrunde lösen sich die Figuren durch
Randschatten, wodurch eine wirksame Verbindung der ersteren mit dem umgebenden Lufträume herge-