Das holländische Gruppenporträt.
193
Fig. 43. Anatomie des Dr. Sebastian Egbertsz Vrij von Thomas de Keyser, 1619.
Amsterdam, Rijksmuseum.
vermeiden. Der Hintergrund ist völlig dunkel; es sollte also kein raumfüllender Gegenstand der Um-
gebung den Figuren Concurrenz machen. Aber die Schatten, die unter der Hutkrempe des Professors,
im Antlitz des links Sitzenden, der erhobenen Rechten seines Gegenüber spielen, verrathen zur Genüge,
dass dieser Meister seine Figuren trotz ihrer verhältnismässig harten Modellierung im Zusammenhange
mit der freiräumigen Umgebung gedacht hat.
Der also vollzogene Anschluss an die Haarlemer Lösung von 1616 konnte die Amsterdamer un-
möglich vollständig befriedigen; denn nach ihrem Wunsche sollten äussere und innere Einheit nicht
blos beide vorhanden und äusserlich miteinander verbunden sein sondern schlechtweg zusammenfallen,
so dass die innere Einheit blos als Ausdrucksmittel der äusseren in Erscheinung träte. Diese Aufgabe
hat de Keyser in seinen grossen signierten und datierten Schützenstücken von i632 und i633 zu lösen
gesucht.
Das frühere, Rijksmuseum Nr. 767 (Fig. 44), stellt die Compagnie des Capitäns Allart Cloeck und
des Lieutenants Lucas Jacobsz Rotgans in ganzen Figuren dar. Der für de Keyser von Anbeginn so
charakteristische Zug zur Subordination hat ihn die Chargierten zu einer genau die Mitte des Vorder-
grundes einnehmenden Theilgruppe zusammenfassen lassen: links der Capitän, der die Rechte nach
dem Beschauer ausstreckt, rechts der Lieutenant, dazwischen hinten der Fahnenjunker. Auch die
Uebrigen sind zu sieben und sechs möglichst symmetrisch zu beiden Seiten vertheilt. Links schreiten
Zwei, rechts Einer die Stufen zu dem Podium herauf, auf welchem die Commandanten stehen, und
durch diese Bewegung wird sowohl eine flüssige Verbindung mit den rückwärtigen Figuren hergestellt
als auch der Eindruck momentanen Geschehens in einem Zeitpunkte hervorgebracht. Daran schliessen
sich endlich zwei strenge Reihen zu je drei und zwei Schützen, die hinteren Reihen um einige Stufen
über den vorderen stehend gedacht. Alle Figuren, mit einer einzigen fast unmerklichen Ausnahme
26*
Das
Schützenstück
des Thomas
de Keyser
vom Jahre i632.
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Fig. 43. Anatomie des Dr. Sebastian Egbertsz Vrij von Thomas de Keyser, 1619.
Amsterdam, Rijksmuseum.
vermeiden. Der Hintergrund ist völlig dunkel; es sollte also kein raumfüllender Gegenstand der Um-
gebung den Figuren Concurrenz machen. Aber die Schatten, die unter der Hutkrempe des Professors,
im Antlitz des links Sitzenden, der erhobenen Rechten seines Gegenüber spielen, verrathen zur Genüge,
dass dieser Meister seine Figuren trotz ihrer verhältnismässig harten Modellierung im Zusammenhange
mit der freiräumigen Umgebung gedacht hat.
Der also vollzogene Anschluss an die Haarlemer Lösung von 1616 konnte die Amsterdamer un-
möglich vollständig befriedigen; denn nach ihrem Wunsche sollten äussere und innere Einheit nicht
blos beide vorhanden und äusserlich miteinander verbunden sein sondern schlechtweg zusammenfallen,
so dass die innere Einheit blos als Ausdrucksmittel der äusseren in Erscheinung träte. Diese Aufgabe
hat de Keyser in seinen grossen signierten und datierten Schützenstücken von i632 und i633 zu lösen
gesucht.
Das frühere, Rijksmuseum Nr. 767 (Fig. 44), stellt die Compagnie des Capitäns Allart Cloeck und
des Lieutenants Lucas Jacobsz Rotgans in ganzen Figuren dar. Der für de Keyser von Anbeginn so
charakteristische Zug zur Subordination hat ihn die Chargierten zu einer genau die Mitte des Vorder-
grundes einnehmenden Theilgruppe zusammenfassen lassen: links der Capitän, der die Rechte nach
dem Beschauer ausstreckt, rechts der Lieutenant, dazwischen hinten der Fahnenjunker. Auch die
Uebrigen sind zu sieben und sechs möglichst symmetrisch zu beiden Seiten vertheilt. Links schreiten
Zwei, rechts Einer die Stufen zu dem Podium herauf, auf welchem die Commandanten stehen, und
durch diese Bewegung wird sowohl eine flüssige Verbindung mit den rückwärtigen Figuren hergestellt
als auch der Eindruck momentanen Geschehens in einem Zeitpunkte hervorgebracht. Daran schliessen
sich endlich zwei strenge Reihen zu je drei und zwei Schützen, die hinteren Reihen um einige Stufen
über den vorderen stehend gedacht. Alle Figuren, mit einer einzigen fast unmerklichen Ausnahme
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Das
Schützenstück
des Thomas
de Keyser
vom Jahre i632.