Das holländische Gruppenporträt.
Atelier hervorgegangen, das von einem deutlichen
Bestreben zeugt, die Coordination der äusseren Er-
scheinung Aller im Bilde wieder herzustellen. Es
ist die Compagnie des Capitäns Jacob Symonsz de
Vries und des Lieutenants Dirck Graeff vom Jahre
i633, Rijksmuseum 768 (Fig. 45), mit 21 Figuren.
Dies ist in seiner Art vielleicht das nationalste
Gruppenporträt, das jemals ein Holländer gemalt
hat; denn die äusseren Actionen, soweit sie auf Ver-
bindung zwischen den dargestellten Personen ab-
zielen, sind hier vollständig unterdrückt und alle
Lebensäusserung in den auf den Beschauer ge-
richteten Augen concentriert.
Die Schützen haben sich augenscheinlich zur
Parade versammelt; denn sie blicken ausnahmslos
nach dem Beschauer und sind sich also bewusst,
in diesem Zeitmomente von im Bilde unsichtbaren
Zuschauern gemustert zu werden. Aber selbst der
Capitän hat diesmal das Präsentieren oder Begrüs-
sen mit der Hand unterlassen und anderseits ist
auch die Aufmarschbewegung der Schützen unter-
blieben. Einundzwanzig Augenpaare heften ihre
vielfach stechenden Blicke unverwandt nach den
Beschauern, und wo — wie im Fahnenjunker —
dieses Durchbohrende gemildert erscheint, da kam
ein Kopf zustande, der in der ganzen Geschichte
der Malerei seinesgleichen sucht. Die äussere Ein-
heit in Raum und Zeit ist nun in diesem Bilde eine
denkbar vollständige. Die geringe Zerstreuung der
Blickstrahlen lässt einen Zuschauerraum von gerin-
ger Ausdehnung, wenn auch noch nicht die Be-
schränkung auf einen einzigen Zuschauer vermu-
then; und das subjective einheitliche Raumbewusst-
sein wird hier — zum ersten Male bei de Keyser —
auch durch den Fernblick nach einem tiefen Hinter-
grunde geweckt. Der Eindruck der Einheit des
Zeitmoments hinwiederum wird durch die identische
(Augen-)Action sämmtlicher Theilnehmer hervor-
gebracht; dass endlich diese Action ausschliesslich
in die Bewegung der Augen (des Seelenspiegels)
verlegt und dadurch möglichst aus der objectiv-
körperlichen in die subjectiv-seelische Sphäre ge-
rückt ist, wirkt ebenfalls im Sinne der äusseren Ein-
heit mit dem Beschauer, weil dadurch in höherem
Maasse an sein subjectives Erfahrungsbewusstsein
appelliert wird. All diese forcierte Steigerung der
äusseren Einheitsmittel sollte jedoch nur dazu die-
nen, den Mangel an überzeugender innerer Ein-
heit im Bilde wettzumachen. Sein Anblick lässt uns
Atelier hervorgegangen, das von einem deutlichen
Bestreben zeugt, die Coordination der äusseren Er-
scheinung Aller im Bilde wieder herzustellen. Es
ist die Compagnie des Capitäns Jacob Symonsz de
Vries und des Lieutenants Dirck Graeff vom Jahre
i633, Rijksmuseum 768 (Fig. 45), mit 21 Figuren.
Dies ist in seiner Art vielleicht das nationalste
Gruppenporträt, das jemals ein Holländer gemalt
hat; denn die äusseren Actionen, soweit sie auf Ver-
bindung zwischen den dargestellten Personen ab-
zielen, sind hier vollständig unterdrückt und alle
Lebensäusserung in den auf den Beschauer ge-
richteten Augen concentriert.
Die Schützen haben sich augenscheinlich zur
Parade versammelt; denn sie blicken ausnahmslos
nach dem Beschauer und sind sich also bewusst,
in diesem Zeitmomente von im Bilde unsichtbaren
Zuschauern gemustert zu werden. Aber selbst der
Capitän hat diesmal das Präsentieren oder Begrüs-
sen mit der Hand unterlassen und anderseits ist
auch die Aufmarschbewegung der Schützen unter-
blieben. Einundzwanzig Augenpaare heften ihre
vielfach stechenden Blicke unverwandt nach den
Beschauern, und wo — wie im Fahnenjunker —
dieses Durchbohrende gemildert erscheint, da kam
ein Kopf zustande, der in der ganzen Geschichte
der Malerei seinesgleichen sucht. Die äussere Ein-
heit in Raum und Zeit ist nun in diesem Bilde eine
denkbar vollständige. Die geringe Zerstreuung der
Blickstrahlen lässt einen Zuschauerraum von gerin-
ger Ausdehnung, wenn auch noch nicht die Be-
schränkung auf einen einzigen Zuschauer vermu-
then; und das subjective einheitliche Raumbewusst-
sein wird hier — zum ersten Male bei de Keyser —
auch durch den Fernblick nach einem tiefen Hinter-
grunde geweckt. Der Eindruck der Einheit des
Zeitmoments hinwiederum wird durch die identische
(Augen-)Action sämmtlicher Theilnehmer hervor-
gebracht; dass endlich diese Action ausschliesslich
in die Bewegung der Augen (des Seelenspiegels)
verlegt und dadurch möglichst aus der objectiv-
körperlichen in die subjectiv-seelische Sphäre ge-
rückt ist, wirkt ebenfalls im Sinne der äusseren Ein-
heit mit dem Beschauer, weil dadurch in höherem
Maasse an sein subjectives Erfahrungsbewusstsein
appelliert wird. All diese forcierte Steigerung der
äusseren Einheitsmittel sollte jedoch nur dazu die-
nen, den Mangel an überzeugender innerer Ein-
heit im Bilde wettzumachen. Sein Anblick lässt uns