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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

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I. Theil: Abhandlungen
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Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0205
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Das holländische Gruppenporträt.

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Fig. 46. Die vier Bürgermeister von Amsterdam empfangen die Botschaft von der Ankunft der Königin-Witwe

Maria von Medici, von Thomas de Keyser, i638.
Haag, Mauritshuis.

deutlich mit schrägen Deckbalken abschliesst und worin an einem Tische zwei Männer im Gespräche
sitzen. Trotz des engen Ausschnittes wirkt die durch die Beleuchtung herbeigeführte Raumeinheit
dieses Hinterstübchens, ferner die einander in gelassener Aufmerksamkeit zugewendeten zwei Figuren
mit den breitkrempigen Hüten und dem Helldunkel an ihnen und am Boden zwischen ihnen in hohem
Maasse stimmungsvoll. Dieselbe regungslose Aufmerksamkeit, die sich zwischen den 21 Figuren und
dem Beschauer hin- und herspinnt, brütet im Binnenraume dahinter und zwingt alles im Bilde — die
körperlichen Figuren und den ungreifbaren Freiraum dazwischen — zu einer subjectiven Einheit
zusammen.

Im Jahre i638 erhielt Thomas de Keyser Auftrag, den Moment zu verewigen, in welchem die Die
vier Bürgermeister von Amsterdam die Meldung von der erfolgten Ankunft der Maria Medici in Amsterdam
dieser Stadt empfingen. Das Bild (Fig. 46) wurde in Kleinmeisterformat ausgeführt und zählt jetzt zu im Jahre i638,
den Juwelen des Mauritshuis im Haag. Das gewählte Format beweist allein schon, dass die Absicht °'
des Meisters (und wohl auch der Besteller) nicht auf die Herstellung eines Gruppenporträts sondern
eines richtigen Historiengemäldes gerichtet war, das allerdings dem holländischen Geiste entsprechend
äusserlich ins Genremässige reduciert erscheinen sollte.

Wir sehen da vier Rathsherren in ihren Mänteln, den ■ breitkrempigen Hut auf das Haupt ge-
stülpt, um einen viereckigen Tisch versammelt sitzen, während zur Rechten ein soeben eingetretener
Officier in devoter Stellung seine Botschaft erstattet. Wäre nun nicht diese letztere Figur im Bilde,
so müssten wir das Ganze, wenigstens was die Auffassung betrifft, unfehlbar für ein Gruppenporträt
halten. Der Bürgermeister zunächst dem Officier wendet kaum merklich den Kopf nach seiner Seite,
als wenn er etwas ganz Gleichgiltiges anzuhören hätte; die Beine, die er gekreuzt und lang vor sich

xxm. 27

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