Das holländische Gruppenporträt.
Fig. 55. Die Regenten des St. Sebastiansdoelen, von Bartholomäus ran der Heist, 1653.
Amsterdam, Rijksmusenm.
(Nach Photographie von F. Hanfstaengl).
die alle Figuren im Räume hintereinander einfach umgelegt und so auf einen festen ebenen Grund pro-
jiciert hat, anderseits aber zugleich, wie schon an den Staalmeesters gezeigt wurde, eine Unterdrückung
des cubischen Raumcentrums (der Tischplatte) und dadurch die Retablierung eines Eindruckes der
Ebene, die aber nicht in antikem, haptisch-objectivistischem Sinne sondern in optisch-subjectivistischem
Sinne als Ferneindruck, der die vorhandenen Tiefenunterschiede des sinnlich greifbaren Charakters ent-
kleidet, aufzufassen ist. Damit hat schon van der Heist acht Jahre vor den Staalmeesters diese gemein-
holländische Richtung eingeschlagen; aber die Uebereckstellung der Figuren und die Winkelbrechung
der Wand drängen den Eindruck der subjectiven Ebene, die der äusseren Einheit parallel geht, hier
noch stark zurück. Ja der Meister hat im Hintergrunde sogar zwei müssige Figuren angebracht, um
das Raumdreieck, in das sie zu stehen kamen, als solches zu kennzeichnen.
An der Verkehrsscene, die die innere Einheit dieses Bildes begründet, ist zu beachten, in welch
ausgesuchter Weise darin jede strengere Subordination vermieden wurde. Es spricht zwar nur Einer
von den Vieren aber es subordiniert sich ihm dabei in passiver Weise ebenfalls nur ein Einziger:
sein Gegenüber, der anderseits durch reserviertere Haltung, Miene, Vorhang zu Häupten als der Vor-
nehmste unter allen, also wohl der Vorstand, charakterisiert erscheint. So halten Activer und Passiver
einander die Waage. Von den Nachbarn des Sprechers secundiert ihm derjenige zur Rechten in der
Subordinierung des Vorstandes, während der andere allein schon durch seine Wendung zum Beschauer
heraus seine Selbständigkeit gegenüber den Collegen in unzweideutiger Weise demonstriert.
Was Bartholomäus van der Heist in diesen seinen drei wichtigsten Gruppenporträten1 zum Aus-
drucke bringen wollte, lässt sich somit gemäss unseren Beobachtungen eher in eine negative Formel
1 Im Jahre 1900 entsinne ich mich noch zwei im Katalog nicht verzeichnete aber offenbar aus dem Stadthause
stammende Regentenstücke des van der Heist im Rijksmuseum gesehen zu haben, die leider im Jahre darauf nicht mehr
Fig. 55. Die Regenten des St. Sebastiansdoelen, von Bartholomäus ran der Heist, 1653.
Amsterdam, Rijksmusenm.
(Nach Photographie von F. Hanfstaengl).
die alle Figuren im Räume hintereinander einfach umgelegt und so auf einen festen ebenen Grund pro-
jiciert hat, anderseits aber zugleich, wie schon an den Staalmeesters gezeigt wurde, eine Unterdrückung
des cubischen Raumcentrums (der Tischplatte) und dadurch die Retablierung eines Eindruckes der
Ebene, die aber nicht in antikem, haptisch-objectivistischem Sinne sondern in optisch-subjectivistischem
Sinne als Ferneindruck, der die vorhandenen Tiefenunterschiede des sinnlich greifbaren Charakters ent-
kleidet, aufzufassen ist. Damit hat schon van der Heist acht Jahre vor den Staalmeesters diese gemein-
holländische Richtung eingeschlagen; aber die Uebereckstellung der Figuren und die Winkelbrechung
der Wand drängen den Eindruck der subjectiven Ebene, die der äusseren Einheit parallel geht, hier
noch stark zurück. Ja der Meister hat im Hintergrunde sogar zwei müssige Figuren angebracht, um
das Raumdreieck, in das sie zu stehen kamen, als solches zu kennzeichnen.
An der Verkehrsscene, die die innere Einheit dieses Bildes begründet, ist zu beachten, in welch
ausgesuchter Weise darin jede strengere Subordination vermieden wurde. Es spricht zwar nur Einer
von den Vieren aber es subordiniert sich ihm dabei in passiver Weise ebenfalls nur ein Einziger:
sein Gegenüber, der anderseits durch reserviertere Haltung, Miene, Vorhang zu Häupten als der Vor-
nehmste unter allen, also wohl der Vorstand, charakterisiert erscheint. So halten Activer und Passiver
einander die Waage. Von den Nachbarn des Sprechers secundiert ihm derjenige zur Rechten in der
Subordinierung des Vorstandes, während der andere allein schon durch seine Wendung zum Beschauer
heraus seine Selbständigkeit gegenüber den Collegen in unzweideutiger Weise demonstriert.
Was Bartholomäus van der Heist in diesen seinen drei wichtigsten Gruppenporträten1 zum Aus-
drucke bringen wollte, lässt sich somit gemäss unseren Beobachtungen eher in eine negative Formel
1 Im Jahre 1900 entsinne ich mich noch zwei im Katalog nicht verzeichnete aber offenbar aus dem Stadthause
stammende Regentenstücke des van der Heist im Rijksmuseum gesehen zu haben, die leider im Jahre darauf nicht mehr