Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 23.1902

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Riegl, Alois: Das holländische Gruppenporträt
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.5950#0267
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das holländische Gruppenporträt.

26l

Figt 68. Die Regenten des Elisabethspitals, von Frans Hals, 1641.
Haarlem, städtisches Museum.

keit, womit Rembrandt in den Staalmeesters das Problem der doppelten Einheit — jenes Grundpro-
blem der dritten Periode der holländischen Gruppenporträtmalerei — gelöst hat und das sich auch
schon in Frans Hals' Regentenstück von 1641 angewendet findet. Aber es ist hier erstens noch nicht,
wie bei Rembrandt, auf sämmtliche Beisitzer mit Ausnahme des Sprechers erstreckt sondern nur auf
die Hälfte derselben (auf zwei) beschränkt; zweitens ist die Aufmerksamkeit nebst dem Sprecher nicht,
wie bei Rembrandt, der unsichtbaren Partei (dem Beschauer) gewidmet sondern einer sichtbaren Per-
son im Bilde (jenem passiven Vierten, von dem oben die Rede war). Und hiemit gelangen wir wie-
derum auf denjenigen Punkt in der Auffassung zurück, in welchem die grundsätzlichste Abweichung
zwischen beiden äusserlich so verwandten Bildern beruht: während Rembrandt in den Staalmeesters
die äussere Einheit nach Alt-Amsterdamer Weise noch durch das äusserlich schlagende und auf den ersten
Blick auffallende Mittel directer Wendung der Figuren zum Beschauer zum unzweifelhaften Ausdruck
bringen zu müssen glaubte, hat Frans Hals bereits darauf verzichtet und seine fünf Figuren ansehet- -
nend ausschliesslich zu einer einzigen inneren Einheit verbunden, ohne sich um den Beschauer direct
zu kümmern. Mit anderen Worten: zum Unterschiede von den Amsterdamern meinte Frans Hals in
seinem ersten Haarlemer Regentenstück von der Hineinziehung einer unsichtbaren Partei in den In-
halt des Bildes absehen zu können.

Hienach gewinnt es den Anschein, als ob Frans Hals sich mit der inneren Einheit begnügt und
die äussere Einheit schlankweg geopfert hätte, wozu schon der Begründer aller Haarlemer Gruppen-
porträtmalerei in seinem frühesten Bilde von 1583 nicht übel Lust gezeigt hatte. Frans Hals wäre aber
kein Holländer gewesen, wenn ihm die äussere Einheit nicht mindestens ebensoviel am Herzen gelegen
wäre als die innere, die vielmehr auch ihm, gleichwie den Amsterdamern, im letzten Grunde blos ein
willkommenes Mittel zur Erreichung des künstlerischen Hauptzweckes der äusseren Einheit gewesen
ist. Nur glaubte Hals der ausdrücklichen Markierung des betrachtenden Subjectes durch eine zum
Inhalte des Bildes gehörende aber unsichtbare Partei entrathen und sich mit intimeren, äusserlich
minder schlagenden Mitteln begnügen zu können. Die Antwort auf die Frage, welche Mittel dies wohl
 
Annotationen