Zur Kenntnis der künstlerischen Ueberlieferung im späten Mittelalter.
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St. Ambrosius, Augustinus und der heil. Thomas von Aquino, wie ich glaube, wegen seines Tractatus
de incarnatione (vgl. dieses Jahrbuch, Bd. XIX, S. 262). Die einzelnen Scenen stehen auf Goldgrund,
der Stil ist ziemlich alterthümlich, etwas provinziell, aber der niederländische Einfluss offenkundig; man
sehe nur die Landschaft mit den Perlenmuscheln bei Nr. 18. Vielleicht ist die Tafel um die Mitte des
Jahrhunderts anzusetzen, jedenfalls scheint sie älter als die Wiener Miniatur, lieber ihre Herkunft ist
leider nichts Näheres bekannt, als dass sie bei der allgemeinen Klosteraufhebung in Baiern, gleich
vielen anderen altdeutschen Bildern, in die Galerie gekommen ist. Jedenfalls weist sie also, was
wichtig ist, auf ein Kloster zurück.1
Denselben eigentümlichen klei- ^WUtlM CVrCe^lum^WKflfc cLtttfi*
nen Lyklus finden wir ferner in einer —^ ' ' 7 v
illustrierten Handschrift aus dem Jahre %y\\X tUuty^m VHVffO ttOtt OttlCttU^f-
Clm. 18077 der Hof- und Staats- _ ~ ^
VI X. »>*"*«» "I } 4» v»*v>
bibliothek in München, die ausser dem <\l\<?\\ltll\ ^-"T^CM*traTC'"'tTtl -Otp- X*)
oft copierten Buche desHrabanus Mau-
rus de s. cruce (über das ich vor Jahren
im XIII. Bande dieses Jahrbuches ge-
schrieben habe) noch einen Anhang
von sechs Pergamentblättern enthält,
ohne jeden Zweifel von der Hand des
gleichen Schreibers und Malers, der
sich zu Ende der erwähnten Schrift
nennt (Ceptum et finitum per quen-
dam fratrem dictum Anthonium mo-
nasterii S. Quirini Tegernseensis pro-
fessum a. D. 1459). Er war also ein
Conventuale des Klosters Tegernsee;
Riezler identificiert ihn, wie mir Herr
Dr. Boll in München freundlichst mit-
theilt, im handschriftlichen Kataloge
der Münchner Bibliothek mit dem
Bruder Antonius Pelchinger (f 1465).
Es ist bemerkenswerth, dass wir hier
wieder in ein altbairisches Kloster
geführt werden. Die colorierten Fe-
derzeichnungen, die in dem alten In-
haltsverzeichnis zu Anfang des Ban-
des benannt werden, wie folgt: »figu-
rae depictae cum metris et allusione rerum naturalium approbantes omnino fore possibilem verbi eterni
incarnationem ex immaculata et intemerata virgine Maria sine lesione virginei pudoris«, sind in flotter,
eine geübte Hand verrathender Technik als Medaillons ausgeführt. Da das erste Blatt (fol. 50) ausge-
schnitten wurde und jede Seite vier Medaillons enthält, so fehlen möglicherweise acht Darstellungen.
Einige Proben hat schon Riehl gegeben, der in dem unten angeführten Aufsatze auch diese Handschrift
bespricht.
Der Tegernseer Codex bildet den natürlichen Uebergang zu einer Anzahl von frühen Drucken,
die den gleichen Gegenstand behandeln: hängen doch die sogenannten Blockbücher unmittelbar mit
Fig. 4. Aus der Handschrift des Frater Antonius von Tegernsee.
1 In Bayersdorfers Schleissheimer Katalog von 1885 wird sie als oberdeutsch, um 1440 bezeichnet (Nr. 51, alt 1598).
Ich bin auf das Bild durch eine Anmerkung in Riehls Studien zur Geschichte der bairischen Malerei im XV. Jahrhundert
(Oberbairisches Archiv, Bd. 49, 1895, S. 99) aufmerksam geworden.
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St. Ambrosius, Augustinus und der heil. Thomas von Aquino, wie ich glaube, wegen seines Tractatus
de incarnatione (vgl. dieses Jahrbuch, Bd. XIX, S. 262). Die einzelnen Scenen stehen auf Goldgrund,
der Stil ist ziemlich alterthümlich, etwas provinziell, aber der niederländische Einfluss offenkundig; man
sehe nur die Landschaft mit den Perlenmuscheln bei Nr. 18. Vielleicht ist die Tafel um die Mitte des
Jahrhunderts anzusetzen, jedenfalls scheint sie älter als die Wiener Miniatur, lieber ihre Herkunft ist
leider nichts Näheres bekannt, als dass sie bei der allgemeinen Klosteraufhebung in Baiern, gleich
vielen anderen altdeutschen Bildern, in die Galerie gekommen ist. Jedenfalls weist sie also, was
wichtig ist, auf ein Kloster zurück.1
Denselben eigentümlichen klei- ^WUtlM CVrCe^lum^WKflfc cLtttfi*
nen Lyklus finden wir ferner in einer —^ ' ' 7 v
illustrierten Handschrift aus dem Jahre %y\\X tUuty^m VHVffO ttOtt OttlCttU^f-
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bibliothek in München, die ausser dem <\l\<?\\ltll\ ^-"T^CM*traTC'"'tTtl -Otp- X*)
oft copierten Buche desHrabanus Mau-
rus de s. cruce (über das ich vor Jahren
im XIII. Bande dieses Jahrbuches ge-
schrieben habe) noch einen Anhang
von sechs Pergamentblättern enthält,
ohne jeden Zweifel von der Hand des
gleichen Schreibers und Malers, der
sich zu Ende der erwähnten Schrift
nennt (Ceptum et finitum per quen-
dam fratrem dictum Anthonium mo-
nasterii S. Quirini Tegernseensis pro-
fessum a. D. 1459). Er war also ein
Conventuale des Klosters Tegernsee;
Riezler identificiert ihn, wie mir Herr
Dr. Boll in München freundlichst mit-
theilt, im handschriftlichen Kataloge
der Münchner Bibliothek mit dem
Bruder Antonius Pelchinger (f 1465).
Es ist bemerkenswerth, dass wir hier
wieder in ein altbairisches Kloster
geführt werden. Die colorierten Fe-
derzeichnungen, die in dem alten In-
haltsverzeichnis zu Anfang des Ban-
des benannt werden, wie folgt: »figu-
rae depictae cum metris et allusione rerum naturalium approbantes omnino fore possibilem verbi eterni
incarnationem ex immaculata et intemerata virgine Maria sine lesione virginei pudoris«, sind in flotter,
eine geübte Hand verrathender Technik als Medaillons ausgeführt. Da das erste Blatt (fol. 50) ausge-
schnitten wurde und jede Seite vier Medaillons enthält, so fehlen möglicherweise acht Darstellungen.
Einige Proben hat schon Riehl gegeben, der in dem unten angeführten Aufsatze auch diese Handschrift
bespricht.
Der Tegernseer Codex bildet den natürlichen Uebergang zu einer Anzahl von frühen Drucken,
die den gleichen Gegenstand behandeln: hängen doch die sogenannten Blockbücher unmittelbar mit
Fig. 4. Aus der Handschrift des Frater Antonius von Tegernsee.
1 In Bayersdorfers Schleissheimer Katalog von 1885 wird sie als oberdeutsch, um 1440 bezeichnet (Nr. 51, alt 1598).
Ich bin auf das Bild durch eine Anmerkung in Riehls Studien zur Geschichte der bairischen Malerei im XV. Jahrhundert
(Oberbairisches Archiv, Bd. 49, 1895, S. 99) aufmerksam geworden.
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