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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Premerstein, Anton von: Anicia Iuliana im Wiener Dioskorides-Kodex
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0119
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Anicia Iuliana im Wiener Dioskorides-Kodex.

n3

Chronographie des Theophanes Confessor zum Jahre 512/13 1 als eine Stiftung der femina inlnstris
Iuliana: 'louXiocv« Se yj itept^avsctofoT), r; y.Ttcaaa xbv Upbv vabv Tvjc, öso'oy.o'j sv tot? 'Ovwpd-c.c,2 ävtstoisTco ay&-
Spa tr;? £v XaX>cY)S6vi auv6Sou u. s. w.

So unbedeutend das vorliegende Gedichtchen nach Inhalt und Form ist, kann es doch als ein
Muster der Einfachheit und Prägnanz gelten im Vergleiche mit dem schon (oben, S. 109, Anm. 10) erwähn-
ten Lobeshymnus, welcher an der von Iuliana reich geschmückten Polyeuktos-Kirche angebracht war.3
Die Gedankenarmut, die sich hier in acht jambischen Kurzversen Genüge tut, feiert dort in 76 wohl-
gezählten Hexametern wahre Orgien. Alles, was das Akrostich zu sagen weiß, kommt auch da zur
Sprache, nur viel überschwenglicher und weitschweifiger: die hohe Abkunft der Iuliana, die den
Ruhm ihrer Voreltern durch ihre Schöpfungen noch vermehrt (V. 11; vgl. 21), ihr Lob, das die ganze
Erde verkündet (V. 20), das Gotteshaus, das «hoch emporsteigt auf tiefwurzelnden Grundfesten»
(V. 10 f.), und seine ganze Pracht und Herrlichkeit. Man ersieht aus diesen Ubereinstimmungen, was
allerdings schon längst bekannt ist, daß die Gelegenheitsdichterei auch jener Zeit mechanisch mit be-
stimmten festen Schablonen und Schemata hantierte.

IV.

Bei der großen Bedeutung, die man zumal im byzantinischen Ostreiche den aufs genaueste ab-
gestuften Rangzeichen beilegte, wird man in vorhinein annehmen müssen, daß der Maler seine Gönnerin
Iuliana, deren thronende Pose und reiche Gewandung an die Darstellungen der gleichzeitigen Kon-
sulardiptychen erinnert, mit allen ihrem Stande zukommenden Insignien ausgestattet hat. Darin liegt,
da uns auf Bildwerken dieser Zeit vornehme Damen verhältnismäßig selten begegnen, ein besonders
wertvoller Vorzug der Miniatur.

In der Uberlieferung über die kirchlichen und politischen Wirren zu Ende des Jahres 512 wird
Iuliana als lirupavearoETY] itaTpixia, d.h. als femina inlustris patricia bezeichnet.4 Zu der Würde des Pa-

1891), p. 48 (unrichtig); Abbe Marin, Les moines de Constantinople, p. 75. Die Familie der Iuliana besaß vielleicht dort
Grundstücke; ihr Gatte Areobindus flüchtete im Jahre 512 auf dieses jenseitige Ufer der Propontis (rapocv; unten, A. 4).

1 Ree. C. de Boor I, p. 157 f. (= p. l3s ed. Bonn.; Migne, Patr. gr. CVIII, c. 369 B f.). Der Abschnitt ist datiert mit
Weltjahr 6005, Jahr der Menschwerdung 505, des Kaisers Anastasius 22. Dies ist nicht, wie man bisher annahm, das Jahr
505 unserer Ära; nach der Rechnung des Theophanes, dessen Chronik mit dem ersten Jahre Diokletians (284/5 n- Chr.)
anhebt und dieses dem Weltjahre 5777 und dem Jahre der Menschwerdung 277 gleichsetzt, resultiert vielmehr das Jahr 512/13,
welches in der Tat mit dem 22. Jahre des Anastasios II Dikoros (seit April 491 n. Chr.) zusammentrifft. Die Notiz bezieht
sich, wie aus anderen Quellen hervorgeht (unten, S. 113, Anm. 4), auf Ereignisse unmittelbar vor dem November des Jahres 5 12.
Die Kirche von Honoratae muß nicht erst damals erbaut worden sein, wie z. B. Gardthausen, Griech. Palaeographie,
S. 150 f., annimmt; aus Theophanes folgt nur, daß sie zu Ende des Jahres 512 bereits bestand. Vgl. unten, S. 123.

2 Nach C. de Boor haben einige Handschriften daneben 'Ovcopatot;, 'OvcopcaEi;, 'Ovopxcoi;. Dagegen übersetzt Anasta-
sius der Bibliothekar (Theophanes ed. de Boor II, p. 125): Iuliana vero, illustrissima femina, quae templum dei genetricis
apud Honoratas construxerat; danach Landolfus in der Historia miscella XVII, 11 (p. 353 ed. F. Eyssenhardt = Monum.
Germ., Auct. antiquiss. II, p. 365): apud Honoratas. Ebenso bei Leo Diaconus und im Theophanes cont. (oben, S. II2, Anm. 5)
'Avtopata;. Als Nominativ zu der wohl bestbezeugten Form 'Üvwpära; ist das Femininum 'OvtopStai anzunehmen und auch in
V. 2 des Akrostichs einzusetzen; ein Neutrum plurale ti 'OvcopSra, worauf das 'Ovtopxrois des Theophanes zurückgehen
dürfte, scheint hier syntaktisch durch die Mehrzahl des Prädikates (V. 3 ip.vouaiv xai 8o[l;a£ou(jiv]) und wohl auch metrisch
durch das Erfordernis einer langen Schlußsilbe an dieser Stelle ausgeschlossen.

3 Anthologia Palatina I, 10.

4 Chronicon paschale zum Jahre 512 (I, p. 610 ed. Dindorf): 'IouXtäva; ttJ; iicL^pavE?TaT7j; Ttatpixia? Expa£ov 01a tov
onjirj; avopa 'ApEÖßivSov ßaatXia tJj 'Pcopiavia. xai fcpuyev o 'Apeo'ßivSo; repav. Vgl. dazu Marcellinus chron. zum Jahre 512 (ed.
Mommsen, Mon. Germ., Auetores ant. XI, p. 98): VIII idus Novembres . . . Areobindum sibi imperatorem fieri clatnitant.
Nach Kyrillos von Skythopolis im Leben des heil. Sabas, c. 53 (Ecclesiae graecae monumenta ed. J. B. Cotelerio III [1686],
p. 3o3) besuchten diesen, als er im Jahre 512 bei Konstantinopel weilte, häufig t\ . . . jraTpixfa 'IouXiävot rj OjaXEvnvtavou tou
ßacriXEoj; syyo'vrj xai 'Avaaraena rt tou ratTpiw'ou Ilopnjiou öp.d£uyo;. Ebenda, c. 69 (a. a. O., p. 338) wird berichtet von dem
Hinscheiden Tfji mtazzpio (j.vrj[j.ov£uOE!a7]s Ttatpixla; "IouXiava; (um das Jahr 527/28; s. oben, S. 109, Anm. 6). Papst Hormisdas
spricht die Iuliana in seinem Antwortschreiben vom Jahre 519 (oben, S. 109, Anm. 3) als amplitudo vestra an, eine Titulatur,
die der höchsten Rangsklasse, den Illustres, zukam; vgl. O. Hirschfeld, Die Rangtitel der römischen Kaiserzeit, Sitzungsberichte
der Akademie zu Berlin 1901, S. 605 f. Theophanes (zum J. 512/13; s. oben, S. 113) bezeichnet sie als nEpispccvEcrcdcti), was

xxiv. 17
 
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