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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Premerstein, Anton von: Anicia Iuliana im Wiener Dioskorides-Kodex
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0126
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I 20

Anton von Premerstein.

Seitdem die Chlamys als Amtskleid der höheren kaiserlichen Beamten, das Pallium als das der
Officiales mehr und mehr in Aufnahme kam, beschränkte sich der offizielle Gebrauch der Toga auf
immer engere Kreise. Nach einem Gesetze vom Jahre 382 1 war er für die Senatoren bei öffentlichem
Auftreten obligat. Ein besonderes Distinktiv der senatorischen Toga, welches nicht auf die höheren
Rangsklassen beschränkt war,2 sondern auch den nichtkonsularen Senatoren zukam,3 war die contabu-
latio, welche den latus clavus augenfällig zur Geltung brachte. Auf sie bezieht sich wahrscheinlich
Athalarich in einem Schreiben, worin er die Ernennung des Toluin zum Patrizier und damit dessen
Eintritt in den römischen Senat diesem zur Kenntnis bringt:4 praecelso viro Toluin . . . vestri ordinis
contulimus dignitatem ... nec discincta iacet toga iam procinctualis effecta. Während der Patrizier
sonst, wie überhaupt die höchsten Würdenträger des Reiches, die Chlamys trug,5 legte er, wenn er als
Mitglied des Senates auftrat, die seinem senatorischen Range zustehende Tracht an; im Westreiche,
wo der einfache patricius unter dem Exkonsul stand, die toga procinctualis, im Ostreiche hingegen,
wo der Patriziat über dem Konsulat rangierte, die den höchsten Rangsklassen der Senatoren6 zu-
kommende trabea. Der aus der trabea entwickelte Xwpac;, den die Kaiser an Stelle der alten toga picta
bei Triumphen7 und anderen hohen Festlichkeiten, die Konsuln (ötoxtoi) bei ihrem öffentlichen Pro-
cessus anlegten,8 bildete in Konstantinopel noch im X. Jahrhunderte einen Bestandteil auch der patri-
zischen Gala.9 Wie der Xups; der Kaiser, war auch jener der Patrizier mit reicher Goldstickerei ge-
schmückt.10 Als der toga picta oder trabea entsprechende Tracht der patrizischen Damen in Byzanz,
die übrigens auch nur für bestimmte feierliche Anlässe im Gebrauche war,11 dürfen wir demnach die
kontabulierte Palla aus Goldstoff annehmen, mit welcher Iuliana bekleidet ist. In der Tat wird der
daraus hervorgegangene weibliche Xwpoc, mit welchem wir häufig die Kaiserinnen ausgestattet sehen,
noch im X. Jahrhunderte als Hofkleid der üotty; rcarrpixfa anläßlich ihrer Promotion bezeugt.12

plus anciens manuscrits grecs de la Bibliotheque nationale (Paris 1902), pl. XVI, XIX, XLIII, LXII (mit Text). Außerdem:
die Mater ecdesia bei J. Wilpert, Rom. Quartalschrift XIII (1899), Taf. I, II (dazu S. 24); Frauen des kaiserlichen Hauses
bei L. de Beylie, L'habitation byz. (1902), Taf. 88 (zu p. 56).

I Cod. Theodos. XIV, 10, 1; dazu J. Wilpert, a. a. O. I, p. 99 ff. 2 Anders W. Meyer, a. a. O., S. 26.

3 Vgl. die Reliefs am Konstantinsbogen (oben, S. 117, Anm. 2), das Diptychon des Probianus (S. 117, Anm. 3) und be-
sonders die Silberscheibe des Konsuls Aspar vom Jahre 434 (Wilpert I, p. 97, fig. 8) mit dem Bilde des Ardabur iunior pretor.

4 Cassiodor var. VIII, 10, 1 (vom Jahre 526).

! Cassiodor var. VIII, 9, 3; Lydos rapi dpyGiv I, 17 (p. 134 ed. Bekker); W. Meyer, S. 29 f.

6 Corippus de laud. Iustini min. IV, 433 ff.: incedit laetus praeclara in vcste senatus, pars trabeis, pars compta
togis, ut cuique probatus ordo locum cultumque dabat; dazu W. Meyer, a. a. O., S. 25 ff.; G. Bloch in Daremberg-Saglios
Dictionnaire des ant. I, 2, p. 1481.

7 Ioannes Laur. Lydos nspi ipyw<t II, 2 (p. 166 ed. Bekker), nennt als Bestandteile der angeblich von Caesar her-
rührenden, noch zu seiner Zeit üblichen tptouJKpcSXta 1. eine purpurne, darüber 2. eine goldgestickte Tunica, 3. als Überwurf den
Xüpo; üvwOev • oüxtü 3e xf,v ^p'jtrrjXaxov eihuu.Boc 'Posaun; ctpiaza xoeXsiv. Unrichtig faßt die Stelle Wilpert, a. a. O. I, p. iii, Anm. i.

8 Nach Konstantinos Porph. de cerim. II, 28, p. 363 R., trugen bei einem Processus des Kaisers Heraklios am i. Jänner
639 die Mitglieder des regierenden Hauses xby»; (so nach den Hss.), xoi xivs; os iüv äjtb Ü7ixp^(üv (ex praefectis) bfiftam
Xtjpou; xctxx {ijiaxta?. Vgl. ebd. II, 40 (Anm. 9).

9 S. besonders Konst. Porph., a.a.O. II, 40, p. 368 f. R.: rapi xou tCvi tporoo xrj äyix xcet |i£y«SX>] xupuoöj xou ixicr/a
mpißaXXovrat xou; Xwpou; 0 te ßaaiXsu; xai ot nxpaxpoi juA ctvOintocxoi xai naxpixiot (mit Reiskes Kommentar; Migne, Patr.
gr. CXII, c. ii80 f., A. 28). Hier heißt es (p. 369): ix 3s xwv 'Pwulo&'xcov ratpscobaEtov xö uiv xo;j; naxpixlou; Ero;fi.cfiis30ai Xwpoj;
Et; X'jtxov xöjv xäXccuov UTXaxcov xa: [j.aXXov xtov pLEXETXEixa ßajtXscov xaxa xiva; 0 ia>p tapisvou; xaipoli; ap^tspaxi/.^v a;iav av.'cr^i-
vous xb CT^Tjfj-a eIvon (zum angeblichen Ursprung des Patriziates aus dem Pontificatus vgl. auch Cassiodor var. VI, 2, 3). Der
Xoipo; als Tracht der Kaiser und Patrizier beim Ostermahle auch ebd. II, 52, p. 443 R.; vgl. auch ebd. II, 15, p. 332 R.
(zum Jahre 946). Auch den mcxpaiot eavou^oi der späten Zeit kommt der Xwpo; zu (II, 52, p. 419 R.). Zahlreiche Abbildun-
gen von Würdenträgern patrizischen Ranges mit dem Xtüpo; auf den Bleisiegeln bei G. Schlumberger, Sigillographie de
l'empire byzantin. 10 Konst. Porph. II, 40 (s. o.): xb ot xe^p'jawiOsa a-jxou? (Xföpou;).

II Auf dem Mosaik von Ravenna tragen Theodora und die Damen ihrer Begleitung das der Chlamys entsprechende
Velum. — Zu der Palla oder dem Xtöpo; der femina consularis auf dem Philoxenus-Diptychon vom Jahre 525 vgl. oben,
S. 119, Anm. 1. Ein prunkvoller Überwurf mit Goldstickerei und Edelsteinen, der dem Xöipo; ziemlich nahe kommt, auf dem
Mosaikbilde der aus konsularischer Familie stammenden heil. Agnes zu St. Agnese fuori le mura (G. B. de Rossi, Musaici
antichi delle chiese di Roma) aus dem Ende des VI. oder Anfang des VII. Jahrhunderts.

12 Konst. Porph. I, 50, p. 151 R.: bei ihrer Promotion i\ £coax7j Txaxptxia . . . svouExai xb Ocopaxtov sjravtj) xou osXfAaxwou xai
ipopE? xdi Xwpov xat xb jrpojxo'Xtopia (zu letzterem unten, S. 122, Anm. 1). Sollte die bisher unerklärte Benennung £(oaxr}
(Stückelberg, a. a. 0., S. 65) von dem Xwpo; stammen, der mitunter als £ü>v7) definiert wird?
 
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