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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Hans Wechtlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0017
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Hans Wechtlin.

I I

Kupferstichkabinett besitzen. Daß das Kanonbild, wie Weisbach nach Passavant meint, nicht von dem
Zeichner der übrigen Birgittenschnitte herrühre, ist unrichtig. Schon seine außerordentliche Überein-
stimmung mit den vier Passionsblättern hätte Weisbach davor behüten sollen, den großfigurigen und
deshalb von den anderen Blättern des Buches etwas abweichenden Schnitt aus dem Werke des Bene-
diktmeisters auszuscheiden.

Bei der Zuweisung der vier
Passionsschnitte an Wechtlin haben
wir um vieles leichtere Arbeit als bei
der der stofflich spröderen Birgitten-
schnitte. Man vergleiche die Christus-
typen der Albertinablätter mit denen
Pass. 27, 35 etc., den Türken bei der
Geißelung und der Kreuztragung mit
dem Pilatus der Straßburger Passion
(z. B. 33). Der pfeifende Knecht der
Geißelung entspricht dem die Rute
schwingenden Pass. 33 und einem der
Knechte Pass. 3g; ihre Nase hat auch
die heil. Magdalena des Blattes mit der
Kreuzigung. Der Scherge, der auf der
Kreuztragung mit dem Seile nach dem
Herrn schlägt, gehört in die Gruppe
der in der Straßburger Passion un-
genügend durch den Judas Pass. 27
vertretenen Fratzengesichter — wir
haben sie aus den Zeichnungen besser
kennen gelernt. Der Knecht desselben
Blattes, der Jesum am Stricke zerrt,
trägt die Züge des Sterbenden Pass. 53,
der Priester, der diesen tröstet, gleicht
dem Schergen, der auf der Dornen-
krönung sein Knie auf den Sitz Christi
stützt. Die Maria der Kreuztragung
ist mit den Marien Pass. 42 und 48
vergleichbar, übrigens bis auf kleine
Abänderungen nach einer heiligen

Frau des Dürerschnittes B. 12 kopiert. Besonders bezeichnend ist die Übereinstimmung der Falten-
draperie der Hauptfiguren der beiden Kreuztragungen (Pass. 37). Die Bäume der Kreuztragung decken
sich mit denen von B. 1, die Felsen ihrer Struktur nach mit denen von Pass. 25

Den angeblichen Dürerschnitt Pass. 180, die sogenannte Karthäusermadonna,* welche Dörnhöffer
dem Meister der Benediktlegende zugewiesen hat, will ich hier nur berühren. Die anbetenden Mönche
und der heil. Bruno stimmen ohneweiters zu den Mönchen der Legendenzeichnungen, besser noch zu
den Mönchen des Birgittenbuches (z. B. der heil. Bruno zu dem Papste auf dem Schnitte 7). Für den
heil. Johannes und die Madonna selbst bieten allerdings die bisher in Betracht gezogenen Gruppen
Wechtlinscher Werke keine tauglichen Belege.

Franz Rieffei hat in seinen Grünewaldstudien auf die kompositioneile Übereinstimmung des
Wechtlinschen Schnittes der Beschneidung Pass. 17 (Fig. 10) mit der inhaltsgleichen Tafel (Fig. u)

Fig. 11.

Die Beschneidung Christi.
Dresden, kgl. Galerie.

Tafelgemälde.

1 Vgl. dazu C. Dodgson, a. a. O., I, 3o6 und 382; Abb.: Das Kupferstichkabinet I (1897).
 
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