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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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I. Theil: Abhandlungen
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Bürkel, Ludwig von: Francesco Furini
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0063
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Ludwig v. Buerkel.

ohne Kritik und Feingefühl Ariost lasen und frei waren von den Millionen von abgestuften Vorstellungen,
mit denen unsere Literatur und unsere Erziehung uns erfüllt haben.»

Sinnlichkeit und Frömmigkeit wußte die Zeit nicht zu trennen. Die Geliebten der großen Herren
waren längst in die religiöse Malerei eingeführt. Es war den Päpsten und Kardinälen angenehm, an
den Orten der standesgemäßen Frömmigkeit Unterhaltung mit dem Bilde der Geliebten pflegen zu
können. Die Folge ist, daß zunehmend der biblische Vorgang zum Vorwande wird, weibliche Reize zu
enthüllen. Die büßenden nackten Frauen der Bologneser Schule in ihrer schwülen Sinnlichkeit sind so
entstanden, die unzweideutige Ekstase der heil. Teresa, auf dem Theater den lüsternen Logenbesuchern
geboten, Berninis Meisterwerk in S. Maria della Vittoria ist die letzte Konsequenz dieser Denkungsart.

Fig. 2. Hylas und das Bad der Nymphen.
Stich von Eredi nach einem verlorenen Bilde.

Es kann nicht bezweifelt werden, daß unsere Zeit mehr Moral im Leibe hat. Aber ebenso gewiß
ist, daß die Susannen wunderbar gemalt sind und daß Bernini in der heil. Teresa eine Lichtführung von
einer Großartigkeit bot, ein fleischliches Empfinden von einer Eindringlichkeit bewies, die seither kein
Künstler auch nur anzustreben gewagt hat.

Der Toskaner Francesco Furini hat nicht Päpste und Kardinäle zu Herren gehabt, aber seine Auf-
traggeber, Aristokraten und Bürger, dachten nicht anders. Biblische und mythologische Stoffe in lebens-
großen Figuren werden gewünscht und beileibe keine Aufgabe wird gestellt, die nicht die Schilderung
junger, zarter Frauen in strahlender Nacktheit zuließe. Besonders liebt man, wenn dazu nackte junge
Männer treten. Furini ist mit größter Freude diesen Anregungen nachgegangen; er war der Maler des
Fleisches, zarter, feinfaltiger Stoffe, süßen, lieblichen Ausdrucks. Darum haben schon seine ersten Bilder
begeistert und eine Bewunderung erregt, die zur Folge hatte, daß es schnell Mode war, Bilder seiner Hand
zu besitzen. Und dabei hat er so vorzüglich gemalt, daß auch die Ehrung vonseiten der wirklich Ver-
ständigen nicht ausblieb, — das kunstliebende England Reynolds und Gainsboroughs hat Furinis Werke
gesammelt und stechen oder schaben lassen. Reynolds selbst besaß Bilder des Meisters. Furinis leichte,
 
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