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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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I. Theil: Abhandlungen
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Bürkel, Ludwig von: Francesco Furini
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0076
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Francesco Furini.

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sind in dem verwahrlosten Bilde untergegangen. Die nächsten Bilder werden die Bestätigung geben,
daß dies Stück am Anfange der Reihe steht; auch das Modell wird wieder begegnen. Man beachte
die langen Finger mit den geschwellten Gelenken, die in diesem Bilde bereits in typischer Ausbildung
erscheinen.

Recht ähnlich der Andromeda ist eine schöne «Magdalena», die ich in Livorno aus Privatbesitz
für meine Sammlung erwarb (Fig. 10). Auch hier leuchtet auf dunklem Grunde der weiße Leib der
Büßerin; sie ist noch vom schweren Schlage, den Furini in erster Zeit liebte, um ihn später durch
leichte, schwellende Gestalten des
entzückenden Alters zu ersetzen,
das zur Frauenreife überspielt.
Weich und schön sind die Augen,
mißglückt die Raumstellung.

Der gleichen Zeit gehört das
große Bild «Lot und seine Töch-
ter» im Prado zu Madrid an (Taf.V).
Das Seicento liebte besonders Stoffe,
die uns heute eher abstoßen. In
das Panoptikum gehen heute nur
mehr einfache Leute, im Seicento
hätte es besten Erfolg gerade in
der ersten Gesellschaft gehabt. Der
von seinen Töchtern verführte Va-
ter interessierte rein des Gegenstan-
des wegen ungemein; der Vater, im
Kerker von seiner Tochter gesäugt
(Caritä Romana), war ein ähnli-
cher, sehr beliebter Stoff; sie brach-
ten neben junges Weiberfleisch die
lederne Haut verrunzelter Alter
und erzeugten damit bei den da-
maligen Menschen sinnlich ange-
nehme Wirkungen.1

Furini vermochte nicht den
Stoff zu erschöpfen und erreicht
darum nicht die unangenehme Wir-
kung, die der gleiche Gegenstand
gewöhnlich auszulösen pflegt. Er
hat einfach zwei wohlgebaute
nackte Mädchen in eine nicht klare

Beziehung zu einem alten Manne, der aus blauem Dunkel wächst, gebracht. Aber welch weichen Schmelz
der zarten weiblichen Körper, welch sachtes Überleiten, Verschwinden der Formen; welch prächtige
klare Kühle hat hier Furinis Pinsel auf die Leinwand gebannt. In diesem bedeutenden Bilde wird der
Fortschritt des Malers klar. Vielleicht erinnern noch die Schleier, die der Verfeinerung fähig sind, an
die früheste Zeit. Dagegen macht sich ein merklicher Gewinn an Anmut geltend. Eine Locke des
Mädchens rechts hat sich gelöst und spielt um Stirne und Wange. Dies liebliche Treiben wird uns nun
oft begegnen.

Fig. 15. Brustbild einer sinnenden Frau.
München, bei Dr. Bassermann-Jordan.

1 In gleicher Weise begegnet als Gegenstück zur blühenden nackten Magdalena oftmals der runzelige nackte Hie-
ronymus.
 
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