Francesco Furini.
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Doch auch von ihnen verlangt einer die Reproduktion, da er die Erinnerung an ein Hauptbild
dieser Zeit gibt, ein Saalbild in lebensgroßen Figuren «Judith und Holofernes» (Fig. ig). Dem
Baldinucci war es nicht bekannt, nach Eredi befand es sich in der Gasa Compagni. Eine Kopie des XIX.
Jahrhunderts fand ich im Florentiner Handel, ein Umstand, der wahrscheinlich machte, daß das Ori-
ginal noch zu finden sei. Und endlich erfuhr ich auch, daß es sich mit zwei anderen Werken Furinis
in der Villa Salviati befinde, im Besitze der Familie Turi, die ich jedoch in ihrer tiefen Trauer jetzt eben
nicht stören wollte. Das Bild soll von unerhörter Leuchtkraft sein. Alle Scheußlichkeiten des Stiches
mag man auf Rechnung des Stechers setzen.
Die feststehende Jahreszahl i633 des Amtsantrittes der Pflege von S. Ansano erlaubt ein Bild zeit-
lich zu fixieren, das als einziges von den für das Mugello gemalten Gemälden des ehrwürdigen Herrn
Pfarrers Francesco Furini übriggeblieben ist. Es stellt die Verkündigung dar und hängt heute noch
am Altar in der Capeila delle Stimate zu Faltona, für
die es gemacht worden ist (Fig. 20). Man darf angesichts
des Bildes dem F. Baldinucci die Zerknirschung des Ma-
lers glauben, der in tiefster Reue über sein verwerfliches
Treiben das geistliche Gewand annahm: das Bild ist
wirklich keusch und fromm, von allerbedeutendster
Langeweile. Es ist dem Himmel zu danken, daß er eine
Seele, die an anderem hing, der Welt bald wieder zu-
rückgab. Florenz seufzte nach seinem Furini und Furini
nach Florenz. Die beiden hatten sich bald wieder ge-
funden.
Dem Don Lorenzo gelang es, Furini seiner Pflege
wieder zu entfremden. Er zog ihn an die Hofhaltung in
der Villa della Petraja und gab ihm zwei Bilder in Auf-
trag: die «Geburt der Rahel» und die «drei Grazien»
— beide in lebensgroßen Figuren — auszuführen. Sie
wurden von Don Lorenzo dem Marchese Ridolfi zum Ge-
schenk gemacht, in dessen Erben Besitze das erstere Bild
bis vor wenigen Jahren blieb. Aus dem Florentiner
Kunsthandel habe ich es für Dr. Bassermann-Jordan ge-
kauft (Fig. 22). Vom zweiten Bilde war im Hause Stiozzi
Ridolfi keine Spur mehr zu finden. FiS- 23- Rückenfigur einer Frau.
Das Bild als Ganzes ist nicht erfreulich, da es zur Florenz, Galleria Corsini.
Genüge die oft gerügten Fehler unseres Malers besitzt;
auch die Farben haben nicht die Leuchtkraft früherer Zeiten und sie sind zum Teile spröde. Ful-
das Füllwerk mit überreichen Krügen, Schalen und Vasen, wie für den überreich geschnitzten Ge-
burtstuhl fehlt uns heute das Verständnis. Dafür besitzt das Bild Einzelheiten von zauberhaftem Reiz;
so die Rückenfigur der Frau, welche das neugeborene Kind im Arme hält: blendende Schultern, der mit
Bändchen durchflochtene Haarknoten, das Gewirr von Bändern auf dem weichen Untergewande der
Frau zeigen Furini von der besten Seite. Von gleicher Schönheit sind die Hautstellen der anderen
Frauen und über der köstlich gemalten Brust der Wöchnerin vergißt man den gequälten Ausdruck der
Gesichter. Zu bedauern ist, daß der nichtssagende, langweilige junge Mann in die Gesellschaft der an-
mutigen Frauen geraten ist. Auf der Schale im Vordergrunde entdecken wir die schon erwähnte Erin-
nerung an das frühere Bild: Hylas und das Bad der Nymphen. Furini ist aus seiner früheren wohl-
tuenden Naivität heraus in das Fahrwasser der großen Geste getreten, in dem sein Schifflein fortan
treiben soll.
Die Galleria Corsini in Florenz besitzt die Rückenfigur einer Frau, die als verändertes Detail
der erwähnten Bilder anzusprechen ist (Hg. 23; vgl. dazu Fig. 21). An Stelle des Kindes trägt das
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Doch auch von ihnen verlangt einer die Reproduktion, da er die Erinnerung an ein Hauptbild
dieser Zeit gibt, ein Saalbild in lebensgroßen Figuren «Judith und Holofernes» (Fig. ig). Dem
Baldinucci war es nicht bekannt, nach Eredi befand es sich in der Gasa Compagni. Eine Kopie des XIX.
Jahrhunderts fand ich im Florentiner Handel, ein Umstand, der wahrscheinlich machte, daß das Ori-
ginal noch zu finden sei. Und endlich erfuhr ich auch, daß es sich mit zwei anderen Werken Furinis
in der Villa Salviati befinde, im Besitze der Familie Turi, die ich jedoch in ihrer tiefen Trauer jetzt eben
nicht stören wollte. Das Bild soll von unerhörter Leuchtkraft sein. Alle Scheußlichkeiten des Stiches
mag man auf Rechnung des Stechers setzen.
Die feststehende Jahreszahl i633 des Amtsantrittes der Pflege von S. Ansano erlaubt ein Bild zeit-
lich zu fixieren, das als einziges von den für das Mugello gemalten Gemälden des ehrwürdigen Herrn
Pfarrers Francesco Furini übriggeblieben ist. Es stellt die Verkündigung dar und hängt heute noch
am Altar in der Capeila delle Stimate zu Faltona, für
die es gemacht worden ist (Fig. 20). Man darf angesichts
des Bildes dem F. Baldinucci die Zerknirschung des Ma-
lers glauben, der in tiefster Reue über sein verwerfliches
Treiben das geistliche Gewand annahm: das Bild ist
wirklich keusch und fromm, von allerbedeutendster
Langeweile. Es ist dem Himmel zu danken, daß er eine
Seele, die an anderem hing, der Welt bald wieder zu-
rückgab. Florenz seufzte nach seinem Furini und Furini
nach Florenz. Die beiden hatten sich bald wieder ge-
funden.
Dem Don Lorenzo gelang es, Furini seiner Pflege
wieder zu entfremden. Er zog ihn an die Hofhaltung in
der Villa della Petraja und gab ihm zwei Bilder in Auf-
trag: die «Geburt der Rahel» und die «drei Grazien»
— beide in lebensgroßen Figuren — auszuführen. Sie
wurden von Don Lorenzo dem Marchese Ridolfi zum Ge-
schenk gemacht, in dessen Erben Besitze das erstere Bild
bis vor wenigen Jahren blieb. Aus dem Florentiner
Kunsthandel habe ich es für Dr. Bassermann-Jordan ge-
kauft (Fig. 22). Vom zweiten Bilde war im Hause Stiozzi
Ridolfi keine Spur mehr zu finden. FiS- 23- Rückenfigur einer Frau.
Das Bild als Ganzes ist nicht erfreulich, da es zur Florenz, Galleria Corsini.
Genüge die oft gerügten Fehler unseres Malers besitzt;
auch die Farben haben nicht die Leuchtkraft früherer Zeiten und sie sind zum Teile spröde. Ful-
das Füllwerk mit überreichen Krügen, Schalen und Vasen, wie für den überreich geschnitzten Ge-
burtstuhl fehlt uns heute das Verständnis. Dafür besitzt das Bild Einzelheiten von zauberhaftem Reiz;
so die Rückenfigur der Frau, welche das neugeborene Kind im Arme hält: blendende Schultern, der mit
Bändchen durchflochtene Haarknoten, das Gewirr von Bändern auf dem weichen Untergewande der
Frau zeigen Furini von der besten Seite. Von gleicher Schönheit sind die Hautstellen der anderen
Frauen und über der köstlich gemalten Brust der Wöchnerin vergißt man den gequälten Ausdruck der
Gesichter. Zu bedauern ist, daß der nichtssagende, langweilige junge Mann in die Gesellschaft der an-
mutigen Frauen geraten ist. Auf der Schale im Vordergrunde entdecken wir die schon erwähnte Erin-
nerung an das frühere Bild: Hylas und das Bad der Nymphen. Furini ist aus seiner früheren wohl-
tuenden Naivität heraus in das Fahrwasser der großen Geste getreten, in dem sein Schifflein fortan
treiben soll.
Die Galleria Corsini in Florenz besitzt die Rückenfigur einer Frau, die als verändertes Detail
der erwähnten Bilder anzusprechen ist (Hg. 23; vgl. dazu Fig. 21). An Stelle des Kindes trägt das
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