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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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I. Theil: Abhandlungen
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Loga, Valerian von: Antonis Mor als Hofmaler Karls V. und Philipps II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0100
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Valerian von Loga.

Italienern verkümmerten, einen wirklichen Künstler geboren hatte, zauderte der Kaiser, der über eines
Tizians Pinsel verfügen konnte, nicht, ihn für die Krone zu gewinnen, und Mor, dessen Eigenart in dem
aufkommenden Bürgertum einer kleinen Stadt erstarkt war, wußte sich neben dem Venezianer als der
«zuverlässigste und objektivste Bildnismaler aller Zeiten zu behaupten.»1

Karel van Manders Leven der Schilders ist ein mäßiger Ersatz für die italienische Kunstgeschichts-
schreibung des Florentiners aus Arezzo; sucht er es auch diesem in pikanten Anekdoten gleichzutun,

viel spärlicher fließt die Quelle der
Tradition, aus der er schöpfte, und
da er sich nicht selten in Wider-
sprüche verwickelt, hielt seine Schrei-
berei vor moderner Kritik nicht
immer stand. Das Gerippe, auf dem
sich Mors Biographie mit einigen
wenigen Urkunden und Datierungen
von Bildern aufbaut, will nicht recht
Fleisch ansetzen; und doch ist kaum
anzunehmen, daß der Fleiß hollän-
discher Archivare noch viel Neues
über sein Leben zutage fördern wird.

Das bischöfliche Utrecht, über
dessen Mauern eine Tiara geschwebt
hatte, ist der Boden, aus dem Mor
gewachsen; da das entscheidende
Dokument über seine Geburt wahr-
scheinlich verloren gegangen ist,
muß man, um sein Geburtsjahr zu
bestimmen, zu einer Wahrschein-
lichkeitsrechnung Zuflucht nehmen.
Karel van Mander verschweigt im
«Leven» jedes Datum, im Appendix
sagt er aber: «Antonio Moro starf
t'Antwerpen, oudt 56 Jaren, een Jaer
for de Fransche Furie.» Wenn hier,
wie Rooses annimmt und was eine
Fig. 2. Antonis Mor, Infantin Maria von Portugal. urkundliche Bestätigung2 fand, mit

Madrid, Museo dei Prado. einer leicht verzeihlichen Verwechs-

lung die spanische Furie gemeint ist,
so kommen wir für seinen Tod auf das Jahr 1575; — auch in den Rechnungen der Liebfrauen-
kirche zu Antwerpen aus den Jahren 1576—1578 findet sich eine Zahlungseintragung zu «Antonis
Moor saliger Gedachtniss» 3 — dann 56 Jahre zurück rechnend, gewinnen wir das Geburtsjahr 1519/
das ebenso zu dem frühesten Datum auf einem seiner Bilder, wie zu seinem Aussehen auf annähernd
datierbaren Selbstbildnissen besser paßt als 1512, an dem die meisten modernen Galeriekataloge
festhalten.

1 Karl Justi, Philipp II. als Kunstfreund: Zeitschrift für bildende Kunst XVI (1881), S. 3io.

2 «Ant. Morus obiit Antwerpiae anno ante direptionem hispanam annos natus 57»: Arent van Buchel's res pictoriae in:
Oud Holland V (1887), p. 148.

3 Van den Branden, Geschiedenis der Antwerpsche Schilderschool, Antwerpen 1883, p. 276.

* Sandrart (Editio Volkmann) gibt richtig 1519 an, ebenso das Todesjahr 1575, der sonst gut unterrichtete Cean
Bermudez 1512; Van den Branden sagt: Omsteeks 1512, Fiorillo 1524.
 
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