Antonis Mor als Hofmaler Karls V. und Philipps II.
IOI
nuar 1507 geboren, war also, als Moro sie malte, 45 Jahre alt. Mit dem Doppelkinn schaut sie schon
ziemlich matronenhaft aus. Wie sie in der enganliegenden kostbaren Tracht die Ellbogen vom Leibe
spreizt, in den reichberingten weichen Händen Fächer, Handschuhe und das Taschentuch mit Madeira-
kanten hält, macht sie den Eindruck, als wenn die angewachsene Körperlichkeit ihr manche Unbe-
quemlichkeiten bereitete.1 Im Museu Nacional das Bellas Artes zu Lissabon gibt es eine gute Replik
dieses Porträts, auf die mich mein Freund Jaro Springer aufmerksam gemacht hat. Die Brustbilder des
Königspaares (Fig. 5 u. 6), die jetzt in einem kleinen Museum mit den anderen Kunstschätzen der Kirche
Säo Roque vereinigt sind, gehen
auf dieselben Aufnahmen zurück.
Auch die kleinen Kopien der frü-
heren Ambrasersammlung (jetzt
Saal XVI, Tafel C, Nr. 160 und
161 des Wiener Hofmuseums)
sind nach Moros Originalen gemalt.
Weniger glücklich sind wir
mit den Bildnissen der anderen
Prinzen aus dem Hause Portugal,
unter denen der Tod in den fol-
genden zwei Jahren so grausam
aufgeräumt hat. Don Luis, Duque
de Beja — «Delicias de Portugal»
nennen ihn die Zeitgenossen —,
der Gönner Francisco d'Hollandas,
war 47 Jahre alt, als ihn Moro
malte, und Juan Principe de Bra-
sil2 zählte damals erst 16 Lenze.
Dieser Hoffnung des Landes, die
schon im folgenden Jahre zusam-
menbrach, hatte die Kaisertochter
einen Sohn geboren, der den edlen
Stamm auch nicht fortpflanzen
durfte. Als jener Heldenjüngling
im Kampf gegen die Ungläubigen
am 4. August des Jahres 1578 auf Alcacer-Quebirs blutigem Schlachtfeld verschwand, starb auch Mors
unsteter Sohn 3 mit den tapferen Scharen.
Von den Bildnissen jener Edelleute, die Moro so hoch honorierten, wissen wir gar nichts nicht
einmal ihre Namen sind überliefert. Die «großartige Gastfreundschaft», die der Holländer genoß be
schränkte sich wohl nicht blos auf goldene Ketten. Stand doch die Sonne der großen Literaturperiode
Portugals damals am Zenith und Antonis, der «ein stattlicher, ehrenwerter und beredter Mann»- war
hat sich vielleicht des Umgangs mit dem Dichter der Luisiaden freuen dürfen. '
1 In einem kleinen Holzschnitt war auch dieses Bildnis viel verbreitet.
2 Argote de Molina, a. a. O., Nr. 8: «Dö Luys Infante de Portugal» und Nr v r>- 1 d • • „
del Rey Dö Sebastian.» Im Inventar der Königin von Ungarn: 2I "E1eträto de, n T'^ ^ ^
della serenisima princesa de Portugal, gobernadora de esto§s reinos.» — EmT Kopie dieses'I^'ld h ^T,
in der kleinen Tafel aus Schloß Ambras. K°pl6 ^ BlldeS besitzen wir wahrscheinlich
* Philipp Mor von Dashorst, der auch malte, hatte auf des Vaters Verwendung ein Kanonikat in Utrecht erhalten und
jenen 1558 wahrscheinlich nach Spanien begleitet; später geriet er in Schulden, wurde unter Kuratel gestellt und verlor die
Pfründe. Durch den Tod auf dem Schlachtfeld sühnte er sein verfehltes Leben: Christiaan Kramm, De Leven en werken
der Hollandsche en Vlamsche Kunstschilders, Amsterdam 1859, II, p. 1157.
* In seinem Nachlasse fanden sich außer Büchern, «in quibus ille quaedam notaverau, auch Bilder von Albrecht
Dürer: Oud Holland V (1887), p. 148.
16*
Antonis Mor, Königin Maria von England.
Wien, kais. Gemäldegalerie.
IOI
nuar 1507 geboren, war also, als Moro sie malte, 45 Jahre alt. Mit dem Doppelkinn schaut sie schon
ziemlich matronenhaft aus. Wie sie in der enganliegenden kostbaren Tracht die Ellbogen vom Leibe
spreizt, in den reichberingten weichen Händen Fächer, Handschuhe und das Taschentuch mit Madeira-
kanten hält, macht sie den Eindruck, als wenn die angewachsene Körperlichkeit ihr manche Unbe-
quemlichkeiten bereitete.1 Im Museu Nacional das Bellas Artes zu Lissabon gibt es eine gute Replik
dieses Porträts, auf die mich mein Freund Jaro Springer aufmerksam gemacht hat. Die Brustbilder des
Königspaares (Fig. 5 u. 6), die jetzt in einem kleinen Museum mit den anderen Kunstschätzen der Kirche
Säo Roque vereinigt sind, gehen
auf dieselben Aufnahmen zurück.
Auch die kleinen Kopien der frü-
heren Ambrasersammlung (jetzt
Saal XVI, Tafel C, Nr. 160 und
161 des Wiener Hofmuseums)
sind nach Moros Originalen gemalt.
Weniger glücklich sind wir
mit den Bildnissen der anderen
Prinzen aus dem Hause Portugal,
unter denen der Tod in den fol-
genden zwei Jahren so grausam
aufgeräumt hat. Don Luis, Duque
de Beja — «Delicias de Portugal»
nennen ihn die Zeitgenossen —,
der Gönner Francisco d'Hollandas,
war 47 Jahre alt, als ihn Moro
malte, und Juan Principe de Bra-
sil2 zählte damals erst 16 Lenze.
Dieser Hoffnung des Landes, die
schon im folgenden Jahre zusam-
menbrach, hatte die Kaisertochter
einen Sohn geboren, der den edlen
Stamm auch nicht fortpflanzen
durfte. Als jener Heldenjüngling
im Kampf gegen die Ungläubigen
am 4. August des Jahres 1578 auf Alcacer-Quebirs blutigem Schlachtfeld verschwand, starb auch Mors
unsteter Sohn 3 mit den tapferen Scharen.
Von den Bildnissen jener Edelleute, die Moro so hoch honorierten, wissen wir gar nichts nicht
einmal ihre Namen sind überliefert. Die «großartige Gastfreundschaft», die der Holländer genoß be
schränkte sich wohl nicht blos auf goldene Ketten. Stand doch die Sonne der großen Literaturperiode
Portugals damals am Zenith und Antonis, der «ein stattlicher, ehrenwerter und beredter Mann»- war
hat sich vielleicht des Umgangs mit dem Dichter der Luisiaden freuen dürfen. '
1 In einem kleinen Holzschnitt war auch dieses Bildnis viel verbreitet.
2 Argote de Molina, a. a. O., Nr. 8: «Dö Luys Infante de Portugal» und Nr v r>- 1 d • • „
del Rey Dö Sebastian.» Im Inventar der Königin von Ungarn: 2I "E1eträto de, n T'^ ^ ^
della serenisima princesa de Portugal, gobernadora de esto§s reinos.» — EmT Kopie dieses'I^'ld h ^T,
in der kleinen Tafel aus Schloß Ambras. K°pl6 ^ BlldeS besitzen wir wahrscheinlich
* Philipp Mor von Dashorst, der auch malte, hatte auf des Vaters Verwendung ein Kanonikat in Utrecht erhalten und
jenen 1558 wahrscheinlich nach Spanien begleitet; später geriet er in Schulden, wurde unter Kuratel gestellt und verlor die
Pfründe. Durch den Tod auf dem Schlachtfeld sühnte er sein verfehltes Leben: Christiaan Kramm, De Leven en werken
der Hollandsche en Vlamsche Kunstschilders, Amsterdam 1859, II, p. 1157.
* In seinem Nachlasse fanden sich außer Büchern, «in quibus ille quaedam notaverau, auch Bilder von Albrecht
Dürer: Oud Holland V (1887), p. 148.
16*
Antonis Mor, Königin Maria von England.
Wien, kais. Gemäldegalerie.