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Alois Grünwald.
Hier sah Aldroandi das einzige Exemplar, das es vom Ilioneus gibt, und beschreibt es 1562 als
knienden Jüngling, ohne Kopf und Hände, der durch seine Schönheit das Entzücken der hervorragend-
sten Bildhauer errege.1
Woher der Ilioneus in die Sammlung Carpis gelangt ist, darüber läßt uns die Überlieferung völlig
im unklaren. Brunn (Beschreibung der Glyptothek, Nr. 142) und nach ihm Furtwängler (Beschreibung
Fig. 3. Handzeichnung der Uffizien.
der Münchner Glyptothek, Nr. 270) haben aus dem Mangel jeglicher Nachricht schließen wollen, er sei
erst um die Mitte des XVI. Jahrhunderts entdeckt worden, wohl ein etwas zu enger Schluß. Denn schon
eine Generation vor 1550 läßt sich das Bewegungsmotiv des Ilioneus auf einer Bronzeplaquette Ulo-
crinos (Fig. 2) nachweisen,2 die denselben Vorwurf behandelt wie Ghibertis Konkurrenzrelief, formal
jedoch von diesem nicht beeinflußt sein kann, da die Figur des Isaak hier in anderer Ansicht erscheint
und sich überdies durch die Haltung des rechten Unterschenkels unterscheidet. Wenn die kindlich
1 Statue di Roma, Venedig 1562, pag. 206: «una statua senza braccia e testa d'un giouane tutto ignudo, che sta con
le ginocchia in terra in un atto gagliardo e di maniera tanto carnosa e bella, che fa stupire i piu eccellenti Sculton.» Da
wir diese Statue aus der Sammlung Carpis bis in die Münchner Glyptothek verfolgen können, ist jeder Zweifel darüber, ob
hier wirklich der Ilioneus gemeint sei, ausgeschlossen. Vgl. Robert von Schneider, Ein Kunstsammler im alten Wien (Jahr-
buch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XXI, S. 277).
2 Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, Kabinett der kleinen Bronzen, Nr. 33; Katalog von 1904, Nr. 716.
Alois Grünwald.
Hier sah Aldroandi das einzige Exemplar, das es vom Ilioneus gibt, und beschreibt es 1562 als
knienden Jüngling, ohne Kopf und Hände, der durch seine Schönheit das Entzücken der hervorragend-
sten Bildhauer errege.1
Woher der Ilioneus in die Sammlung Carpis gelangt ist, darüber läßt uns die Überlieferung völlig
im unklaren. Brunn (Beschreibung der Glyptothek, Nr. 142) und nach ihm Furtwängler (Beschreibung
Fig. 3. Handzeichnung der Uffizien.
der Münchner Glyptothek, Nr. 270) haben aus dem Mangel jeglicher Nachricht schließen wollen, er sei
erst um die Mitte des XVI. Jahrhunderts entdeckt worden, wohl ein etwas zu enger Schluß. Denn schon
eine Generation vor 1550 läßt sich das Bewegungsmotiv des Ilioneus auf einer Bronzeplaquette Ulo-
crinos (Fig. 2) nachweisen,2 die denselben Vorwurf behandelt wie Ghibertis Konkurrenzrelief, formal
jedoch von diesem nicht beeinflußt sein kann, da die Figur des Isaak hier in anderer Ansicht erscheint
und sich überdies durch die Haltung des rechten Unterschenkels unterscheidet. Wenn die kindlich
1 Statue di Roma, Venedig 1562, pag. 206: «una statua senza braccia e testa d'un giouane tutto ignudo, che sta con
le ginocchia in terra in un atto gagliardo e di maniera tanto carnosa e bella, che fa stupire i piu eccellenti Sculton.» Da
wir diese Statue aus der Sammlung Carpis bis in die Münchner Glyptothek verfolgen können, ist jeder Zweifel darüber, ob
hier wirklich der Ilioneus gemeint sei, ausgeschlossen. Vgl. Robert von Schneider, Ein Kunstsammler im alten Wien (Jahr-
buch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses XXI, S. 277).
2 Berlin, Kaiser Friedrich-Museum, Kabinett der kleinen Bronzen, Nr. 33; Katalog von 1904, Nr. 716.