Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Gruenwald, Alois: Über das Schicksal des Ilioneus
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0168
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i6o

Alois Grünwald. Über die Schicksale des llioneus.

Die Schicksale des llioneus stellen sich nach obiger Untersuchung folgendermaßen dar:

1402. Erstes Auftauchen der Statue, indem sie von Lorenzo Ghiberti im Isaak des Konkurrenz-
reliefs nachgebildet wird. Damals befand sich der llioneus im Besitze von Ghibertis Vater Bartoldo in
Florenz, nach dessen Tod er Eigentum des Künstlers wird. Als dieser am 1. Dezember 1455 stirbt,
erbt ihn sein Sohn Vettorio; aus dessen Nachlaß dann (18. November 1496) Lorenzo Ghibertis Enkel
Buonaccorso; schließlich (15. Juli 1516) Vettorio, der Urenkel Lorenzos.

Gegen 1530 wird der llioneus an Monsignore Giovanni Gaddi verkauft und kommt nach Rom.

1542. Tod Gaddis, die Statue geht in den Besitz Cardinal Ridolfo Pios da Carpi über. Nach
dessen Tod 1564 erbt ihn sein Bruder Alberto.

1571. Ankauf des llioneus für Alfons II. aus dem Hause Este. Er kommt in der Folge nach Fer-
rara (Bericht über den Ankauf durch Alessandro Grandi an den Herzog vom 10. Mai 1572, publiziert bei
Schlosser, S. i3i). Nach dem Tod Alfons II. (1597) gelangt die Statue in den Besitz seines Neffen und
Erben Cesare, der nach 1598 (Januar i3) Ferrara räumen muß und den llioneus nach Modena mitnimmt.

1603, Dezember 3, hat der llioneus, durch Hans von Aachen für Rudolf II. erworben, Modena
wieder verlassen (Notiz bei Spaccini vom 5. Dezember i6o3, publiziert bei Schlosser, S. i33), ist

1604, Juni 27, bereits in Prag eingetroffen (Brief Hans von Aachens bei Schlosser, S. i33) und
bleibt hier im Besitze des Kaiserhauses, bis unter Josef II. der Rest der Kunstschätze Rudolfs II. ver-
schleudert wird.

Der llioneus gelangt in den Besitz eines Händlers, der ihn einem Steinmetz überläßt. Die Ge-
rüchte von dem angeblich damals noch vorhandenen Kopfe sind in den Bereich der Sage zu verweisen.
Schon die ältesten Urkunden sprechen nur von einer Statue ohne Kopf und Hände, überdies zeigt ein
Stich von Carlo Gregori in Borghinis Riposo aus dem aus dem Jahre 1730 den llioneus bereits im heu-
tigen Erhaltungszustand (die Plinthe hat der Stecher weggelassen: Fig. 4).

Anfang der achtziger Jahre des XVIII. Jahrhunderts erstand ihn Dr. Barth für seine Antikensamm-
lung in Wien.

1814 wird der llioneus vom Kronprinzen Ludwig von Bayern um 6oqo Dukaten erworben und
kommt nach München, wo er sich noch heute befindet.

Fig. 4. Initiale aus Borghinis Riposo (l73o) (vergrößert).
 
Annotationen