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Die Lehrer des Rubens.

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landschaftlichem Hintergrund. Unter jedem der Stiche steht der erklärende Text in Form eines Hexa-
meters. Bereits der qualitative Unterschied schließt eine Zuschreibung der Louvrezeichnungen an van
Noort aus. Man vergleiche z. B. zwei Kostümzeichnungen von 1599 (Fig. i3 u. 14) mit dem Kostüm-
stich der italienischen Tracht (Fig. 15). Auf den Stichen eine malerische Auffassung, elegant und glatt
durchgeführt; die Kostümzeichnungen steif und ungelenk, die Hände mit großer Unbehilflichkeit ge-
zeichnet. Dieselbe Auffassung wie die Kostümstiche zeigen auch zwei andere Stiche, die Petrus de Jode
nach van Noorts Vorzeichnung gestochen hat. Auf dem einen ist ein Konzert dargestellt: eine Dame
spielt auf dem Clavecin, ein eleganter Kavalier begleitet ihr Spiel auf der Gitarre, ein kleiner Junge
singt dazu; ein zweiter Gentiluomo bringt eine Kerze herbei, ein Dritter hört zu. Der zweite Stich stellt
eine Dame in ungeheurem Reifrock dar, die in den Armen ihres Liebhabers ruht. Schon die gewählten
Themen beweisen, daß die Geschmacksrichtung des van
Noort nicht der heimischen Tradition folgt sondern entschie-
den italienisierend ist. Über die Zeichnungen im Louvre ist
aber weiter kein Wort zu verlieren; denn es wäre wohl nie-
mandem eingefallen, sie dem Adam van Nort zuzuschreiben,
wenn nicht ein findiger Kopf in dem A der Signatur den
Vornamen des Künstlers herausgefunden hätte. Mit dem
gleichen Rechte hat der Verfasser von Weigels Lagerkatalog
1859 für die Holzschnitte von «Omnia A. Alciati Emble-
mata», von denen einige das Zeichen A tragen, den Adam
van Noort verantwortlich gemacht.1

Es bleibt noch eine der von Rooses angeführten Zeich-
nungen zu besprechen: Eine lavierte Federzeichnung (i6"3 X
23 cm) im British-Museum mit der Darstellung Lots und seiner
Töchter (Fig. 16). Man vergleiche die Technik dieser Zeich-
nung mit der in Rotterdam (Fig. 3). Die Schattenpartien
durch parallele Striche angedeutet, die ganz dunklen Stellen
durch eine Reihe von Parallelen, im schiefen Winkel darüber-
gelegt, zu einem Netze verdichtet. Es ist immerhin wahr-
scheinlich, daß die Zeichnung von Adam van Noort, und
zwar aus dessen früher Zeit herrührt. Freilich ist nicht zu
ermitteln, inwiefern sich die Zuschreibung des Blattes an
van Noort in London auf die Tradition stützt. Nach dem,

was wir von ihm kennen gelernt haben, scheinen zwar der Typus der Figuren und die großen Schwä-
chen der Zeichnung für seine Manier nicht ganz zu passen. Andererseits muß jedoch hervorgehoben
werden, daß Auffassung und Komposition wieder sehr für van Noort sprechen. Die stillebenartige, die
üppigen Freuden des Mahles symbolisierende Zusammenstellung auf dem Tische sowie der völlige
Mangel an innerem Ausdruck und dramatischer Veranschaulichung in der Umarmung von Vater und
Tochter offenbaren den gleichen glatten Geist des Manieristen, der seine Figurenkompositionen ohne
persönliche Note zusammensetzt. Da uns so wenig Vergleichsmaterial an Zeichnungen zu Gebote steht,
können wir wohl, der Tradition vertrauend und da nichts sonderlich dagegen spricht, die Zeichnung
mit einigen Fragezeichen als van Noort gelten lassen. Zu einer stilkritischen Untersuchung darf sie
freilich nicht herangezogen werden.

In der großen Serie der unbekannten Zeichnungen der vlämischen Schule des XVI. Jahrhunderts
im Louvre finden sich zwei Federzeichnungen auf einem Blatte, auf dessen Rückseite ein französischer
Vermerk steht, nach der Schrift zu urteilen aus dem XVIII. Jahrhundert, des Inhaltes, daß diese beiden

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Fig. 15. Nach A. van Noort, Kostümstich der
italienischen Tracht von Gielis van Breen.

1 Mittlerweile wurde durch Rooses der Holzschneider identifiziert; er heißt mit Vornamen Andreas. Das Werk wurde
1577 bei Plantin in Antwerpen gedruckt.

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