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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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I. Theil: Abhandlungen
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Haberditzl, Franz Martin: Die Lehrer des Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0191
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Die Lehrer des Rubens.

i83

zum Zusammenschluß der beiden Gruppen den Dreiecksaufbau einfügte, mußte gerade die Figur des
Johannes verändert werden; die erhobene, ausgebreitete Rechte erscheint direkt notwendig, um die
Linie vom Kopfe des Apostels zu dem der Frau rechts hinüberzuführen. Auch Petrus, der auf dem
Mainzer Bilde gewissermaßen den Gegenspieler des Johannes auf der rechten Seite darstellt, ist auf der
Kopie zum Statisten degradiert und durch einen andern Apostel, der uns kaum so interessieren kann,
ersetzt. Die Köpfe der Jünger selbst sind viel enger im Räume aneinander gerückt, ihr Ausdruck großen-
teils zur Gleichgültigkeit schematisiert, während die Köpfe auf dem Mainzer Bilde noch viel plastischer
durchgebildet sind, ihre Anteilnahme an dem, was vorgeht, viel anschaulicher dargestellt erscheint.
Auch dem Kolorit nach gehört das Bild in Mainz einer früheren Künstlergeneration an — vornehmlich
wegen der noch
durchgängigen An-
wendung der Lokal-
farben, und zwar
in gewissen vorherr-
schenden kontrastie-
renden Zusammen-
stellungen — wie
z. B. ein kraftloses
Gelb mit Hellblau,
Giftgrün mit grel-
lem Rot. Auf dem
Brüssler Bilde sind
die Farben matter,
die Kontraste gemil-
dert; in der Gruppe
rechts, die ja unab-
hängig vom Vorbilde
ist, finden sich jene
für die_von Rubens
unbeeinflußteKünst-
lergeneration so cha-
rakteristischen ver-
waschenen Farben.

Van Noort hat nicht nur die Gruppe rechts nach eigener Erfindung der Kopie des Mainzer Vor-
bildes hinzugefügt, er suchte auch, abgesehen von den Veränderungen in der Figurenkomposition, so-
weit sie durch das Dreieckschema notwendig wurden, in recht akademischer Weise manches zu ver-
bessern; vor allem hat er die mehrfachen Überschneidungen durch den Mantel der stehenden Frau und
den Kopf des Knaben auf dem Arme der Knienden glücklich vermieden.

Außer diesen fünf Gemälden mit der gleichen Darstellung «Christus segnet die Kinder», unter
denen nur das im Brüssler Museum als van Noort gelten kann, die übrigen aber — abgesehen von dem
nicht auffindbaren Bilde aus dem Besitze des Vicomte Ghisignies — wohl nur auf Grund des dargestellten
Sujets, nicht aus stilkritischen Gründen ihm zugeschrieben wurden, müssen wir uns vor allem mit den
beiden «naturalistischen Hauptwerken», dem Bilde im Liller Museum und dem in der Antwerpner
Jakobskirche auseinandersetzen.

Im Jahre i863 wurde dem Museum in Lille ein Gemälde aus der Sammlung Leon Mancino in
Paris zum Geschenke gemacht;1 es wurde auf Grund des Petrusbildes in Antwerpen dem Adam van
Noort zugeschrieben (Fig. 24). Christus ist im Hause von Martha und Maria eingekehrt; auf einem

jUam van Ort

DE TENEBRIS SVBITO SESE AVREA PRODIDIT ETAS.
ATQVE EVANGELI1 LVMINE CLARA NITET.

l^utf QenzrJi Je
lodt excuAit.

Fig. 20. Nach A. van Noort, Anbetung der Hirten, Stich von Peter de Jode.

1 Katalog des Museums in Lille, Nr. 564.
 
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