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Die Lehrer des Rubens.

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Für die Datierung des Bildes, das wohl kaum der Frühzeit des Künstlers angehört, laßt sich ein
terminus ante quem geben. Im Wiener Hofmuseum befindet sich unter Nr. 964 ein Gemälde von Hans
Jordaens: eine gemalte Galerie (Taf. XXXII). In dem Kunstkabinet hängt auf der linken Seite der Längs-
wand in der obersten Reihe das heute in Lille befindliche Bild. Es ist nicht genau kopiert. Die eintretende
Martha Öffnet die Tür nach links, und zwar ist die auf die zuhörende Maria weisende Handbewegung
zum Offnen der Tür umgedeutet.
Auch die beiden Jünger sind etwas
verschieden wiedergegeben. Aber
die Stellung der Figuren und das
Kolorit — das gelbe Kleid der
Maria, der dunkelrote Mantel
Christi — sind in der Hauptsache
richtig kopiert. Es macht den Ein-
druck, daß der Künstler für die
Reproduktion auf eine kleine flüch-
tige Skizze angewiesen war. Eine
bestimmte Gemäldesammlung ist in
dem Bilde des Hans Jordaens wohl
kaum dargestellt.1 Das Hauptbild,
die Auferweckung des Lazarus von
Rubens, ist höchstwahrscheinlich
mit dem jetzt im Berliner Museum
befindlichen Gemälde2 identisch.
Aber auch da hat sich der Kopist
manche Ungenauigkeiten erlaubt,
unter anderem zwei Figuren hinter
Christus ins Bild gesetzt, die auf
dem Berliner Bilde niemals gemalt
waren; er scheint sich da mehr an
die Skizze, die im Louvre ausge-
stellt ist, gehalten zu haben, wo
diese beiden Figuren vorkommen.
Während die anderen Gemälde
bereits in Rahmen die Wände
schmücken, ist die Auferweckung
des Lazarus noch uneingerahmt an
eine Staffelei gelehnt; die Kunst-
freunde studieren und bewundern
die neue Acquisition aufmerksam.

Hans Jordaens starb 1643, womit endgültig ein terminus ante quem für die Entstehung des Liller
Bildes festgelegt ist. Zu datieren wäre es etwa in die Zeit um i63o.

Um sich aber recht deutlich zu vergegenwärtigen, daß Adam van Noort als Schöpfer dieses Kunst-
werkes auf keinen Fall gelten kann, braucht man nur die neun Zeichnungen van Noorts, resp. die dar-
nach angefertigten Stiche, die so ziemlich zur gleichen Zeit (1634) entstanden sind, mit diesem Bilde zu
vergleichen. Es muß doch jedem einleuchten, daß ein Künstler nicht zur gleichen Zeit einen völlig
italienisierenden Zeichenstil und eine Malweise in der Art des Jakob Jordaens haben kann.

Adamvs vat\t Noort

ANTVERPI/E PICTOR ICCXNVM.

Fig. 22. Porträt des A. van Noort, Radierung

A. van Dyck.

1 Frimmel, Kleine Galeriestudien, III. Liefg.: Gemalte Galerien, 2. Aufl.

2 Kgl. Museen zu Berlin, Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde, 3. Aufl., S. 239, Nr. 783.
XXVII.

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