Die Lehrer des Rubens.
193
Am 20. Oktober 1572 flüchtete Cornelis van Veen mit seiner Familie'nach Antwerpen, da er im
Kampfe mit den Wassergeusen treu zu König Philipp II. hielt. Als diese aber im Jänner 1573 auch vor
Antwerpen rückten, ließ er sich im Februar ein Freigeleite nach Aachen geben1 und zog dann weiter
nach Lüttich, wo er beim Kardinal Gerard de Groesbeck sichere Aufnahme fand.
Van Mander berichtet, daß -der junge Künstler in Lüttich unter der Leitung des Malerdichters
Dominicus Lampsonius seine wei-
tere Ausbildung erhielt. Uber das
künstlerische Schaffen des Lamp-
sonius sind wir völlig in Unkennt-
nis; die wenigen Bilder, die ihm
zugeschrieben werden, zeigen ihn
uns als Dilettanten. Van Veen
scheint durch ihn hauptsächlich
mit den gelehrten Studien vertraut
gemacht worden zu sein. Lamp-
sonius war der Sekretär und ge-
lehrte Berater mehrerer Bischöfe
von Lüttich, verfaßte eine Lebens-
beschreibung seines Lehrers Lam-
bert Lombard und stand in regem
Briefwechsel mit Vasari, der ihm
Notizen über niederländische Ma-
ler verdankte. Heibig2 macht es
— nach einer Lütticher Quelle3
aus dem XVIII. Jahrhundert, die
mit Benützung der reichen Be-
stände des Archives, das dann ver-
brannte, gearbeitet war, — wahr-
scheinlich, daß van Veens eigent-
licher Lehrer der Maler Jean Ramey
— auch ein Lombardschüler — war.
1575 trat van Veen seine Ita-
lienreise an. In seinem «Vrienden-
Album»4 finden wir auf der dritten
Seite unter dem Porträt seines Bru-
ders Simon folgende Widmung:
«Anno MDLXXV. Non faciem
sed fraterni (si quaeris) amoris —
Perpetuo tecum pignus habes animum. Othoni Venio fr(atr)i Italiam p(e)tenti pos(uit) Simon Ve-
nius.» Er reiste nach Rom — mit Empfehlungen an den Kardinal Madruccio. Nach van Mander lernte
er daselbst bei den beiden Zuccaris, doch kann nur Federigo in Betracht kommen, da Taddeo bereits
1569 gestorben war.5 In Rom blieb er ungefähr fünf Jahre. Sweertius schreibt: «Romam profectus
annos omnino V apud Card. Madruttium conversatus est ibidemque animi causa artem pictoriam
exercuit.»
Fig. 27. O. van Veen, Friede und Gerechtigkeit vom Genius gekrönt.
Augsburg, kgl. Galerie.
1 Vgl. darüber van den Branden, a. a. O., S. 402 f.
2 Heibig, La peinture au pays de Liege, 1904, p. 183/4.
3 Manuscript H. Hamal: Memoire pour servir ä l'histoire des peintres de la province de Liege.
4 Gedruckt von P. Vischer: Vrienden-Album van Otho Vaenius, ehemals im Besitz von H. Geelhand in Brüssel.
5 Darauf hat speziell H. Hymans im Kommentar zum Van Mander: ad Otto van Veen hingewiesen.
XXVII. 3l
193
Am 20. Oktober 1572 flüchtete Cornelis van Veen mit seiner Familie'nach Antwerpen, da er im
Kampfe mit den Wassergeusen treu zu König Philipp II. hielt. Als diese aber im Jänner 1573 auch vor
Antwerpen rückten, ließ er sich im Februar ein Freigeleite nach Aachen geben1 und zog dann weiter
nach Lüttich, wo er beim Kardinal Gerard de Groesbeck sichere Aufnahme fand.
Van Mander berichtet, daß -der junge Künstler in Lüttich unter der Leitung des Malerdichters
Dominicus Lampsonius seine wei-
tere Ausbildung erhielt. Uber das
künstlerische Schaffen des Lamp-
sonius sind wir völlig in Unkennt-
nis; die wenigen Bilder, die ihm
zugeschrieben werden, zeigen ihn
uns als Dilettanten. Van Veen
scheint durch ihn hauptsächlich
mit den gelehrten Studien vertraut
gemacht worden zu sein. Lamp-
sonius war der Sekretär und ge-
lehrte Berater mehrerer Bischöfe
von Lüttich, verfaßte eine Lebens-
beschreibung seines Lehrers Lam-
bert Lombard und stand in regem
Briefwechsel mit Vasari, der ihm
Notizen über niederländische Ma-
ler verdankte. Heibig2 macht es
— nach einer Lütticher Quelle3
aus dem XVIII. Jahrhundert, die
mit Benützung der reichen Be-
stände des Archives, das dann ver-
brannte, gearbeitet war, — wahr-
scheinlich, daß van Veens eigent-
licher Lehrer der Maler Jean Ramey
— auch ein Lombardschüler — war.
1575 trat van Veen seine Ita-
lienreise an. In seinem «Vrienden-
Album»4 finden wir auf der dritten
Seite unter dem Porträt seines Bru-
ders Simon folgende Widmung:
«Anno MDLXXV. Non faciem
sed fraterni (si quaeris) amoris —
Perpetuo tecum pignus habes animum. Othoni Venio fr(atr)i Italiam p(e)tenti pos(uit) Simon Ve-
nius.» Er reiste nach Rom — mit Empfehlungen an den Kardinal Madruccio. Nach van Mander lernte
er daselbst bei den beiden Zuccaris, doch kann nur Federigo in Betracht kommen, da Taddeo bereits
1569 gestorben war.5 In Rom blieb er ungefähr fünf Jahre. Sweertius schreibt: «Romam profectus
annos omnino V apud Card. Madruttium conversatus est ibidemque animi causa artem pictoriam
exercuit.»
Fig. 27. O. van Veen, Friede und Gerechtigkeit vom Genius gekrönt.
Augsburg, kgl. Galerie.
1 Vgl. darüber van den Branden, a. a. O., S. 402 f.
2 Heibig, La peinture au pays de Liege, 1904, p. 183/4.
3 Manuscript H. Hamal: Memoire pour servir ä l'histoire des peintres de la province de Liege.
4 Gedruckt von P. Vischer: Vrienden-Album van Otho Vaenius, ehemals im Besitz von H. Geelhand in Brüssel.
5 Darauf hat speziell H. Hymans im Kommentar zum Van Mander: ad Otto van Veen hingewiesen.
XXVII. 3l