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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0029
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Gustav Glück.

auch die Tradition der alten Inventare, die sonst kaum dazu kämen, Dürer plastische Arbeiten zuzu-
weisen. Ob in der erzherzoglicben Sammlung nicht vielleicht doch die eine oder die andere Ori-
ginalplastik von Dürer vorhanden war, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. «Ein flaches Mahns-
contrafait von weichen Marmel mit einem Mantl mit Belcz gefüettert vnndt rawen Hauben auf dem
Haubt» (Verzaichnusz der stainenen, metallenen Statuen, anderer Antiquitäten vndt Figuren Nr. 265)
dürfte wohl das Modell zu der bekannten Medaille mit dem angeblichen Bildnis von Dürers Vater ge-
wesen sein. Eher um Fälschungen oder falsche Zuschreibungen scheint es sich zu handeln, wenn von
einer kleinen Säule aus Buchsbaum mit Venus und Cupido (ebenda Nr. 172), von einem Brunnen aus
Holz mit einem Geiger und einem Weibe mit einem Kinde (Nr. 156), von einer Gebetnuß aus Birnholz
mit Passionsdarstellungen (Nr. 276) die Rede ist. Höchstens könnten diesen Arbeiten Zeichnungen
von Dürer zugrunde gelegen haben; gerade solche Dinge wurden aber eben auch im XVIII. Jahrhun-

Fig. 21. Holzreliefs mit den Bildnissen des Kurfürsten Friedrich von Sachsen und der «Anna Kasper Dornle Stieftochter».

Wien, kunsthistor. Hofmuseum.

dert mit Vorliebe Dürer zugeschrieben. Ohne Zweifel nicht von Dürer sind auch «Zwey rondte Con-
trafait in Holcz geschnitten, in rondten Deckhen, auch auszgeschnitten» (Nr. 260). Diese befinden sich
nach einer gütigen Mitteilung Julius von Schlossers in der kunstindustriellen Sammlung des Wiener
Hofmuseums und tragen noch heute auf der Rückseite die falsche Bezeichnung Dürers und die Nummer
260 der erzherzoglichen Sammlung (Fig. 21). Es sind Holzbüchsen mit Reliefs aus Nußholz, mit
Deckeln aus Birnholz.1 Merkwürdig sind die dargestellten Personen: das eine Porträt stellt den Kur-
fürsten Friedrich von Sachsen vor, das andere nach der Inschrift «Anna Kasper Dornle Stieftochter
1525». Wie diese beiden Personen zu Gegenstücken wurden, ist nicht leicht zu sagen. Sollte es sich
um eine heimliche Geliebte des Kurfürsten handeln, wie Julius von Schlosser vermutet hat? Daß man
diese Dinge Dürer zugeschrieben hat, erklärt sich daraus am leichtesten, daß das Porträt des Kur-
fürsten ziemlich getreu nach Dürers bekanntem Kupferstich kopiert ist.

Endlich seien noch ein paar Medaillenmodelle mit Dürers Bildnis erwähnt: «Ein rondes Contrafait
des Albrecht Dürers, in Buchsholcz geschnitten. Original von Deschler» (Nr. 269) und «Ein Einfaszung
in Buchsholcz geschnitten, warin zwey Gesichter in Cameo, darunder eins desz Albrecht Dürers. Ori-
ginal von Deschler» (Nr. 274). Ein Buchsbaummedaillon mit dem Porträt Dürers befand sich noch in

1 Mit den Deckeln abgebildet in Julius von Schlossers Album ausgewählter Gegenstande der kunstindustriellen Samm-
lung des Ah. Kaiserhauses, Wien 1901, Taf. XXIX.
 
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