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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0030
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Fälschungen auf Dürers Namen aus der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms.

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den sechziger Jahren des XIX. Jahrhunderts in der Sammlung A. Posonyis1 in Wien, scheint aber seither
verschollen zu sein. Es war ein mit Farbe von patinierter Bronze überstrichenes Relief, das Dürer genau
so darstellte wie der oben erwähnte und abgebildete Holzschnitt (B. 156, Fig. 1); vielleicht war es das
Holzmodell zu der Medaille, die in Wills Nürnbergischen Münzbelustigungen (I, S. 3i3) abgebildet ist.
Ob das Stück der Posonyischen Sammlung mit dem der erzherzoglichen identisch war, bleibt fraglich,
besonders da es angeblich aus dem Praunschen Kabinette in Nürnberg stammen sollte.

Eher könnte jene Einfassung mit zwei Reliefbildnissen, darunter dem Dürers, eine und dieselbe
sein mit einer zu dieser Beschreibung passenden Zusammenstellung von Medaillenmodellen, die in einem
Rahmen des XVII. Jahrhunderts noch in der Sammlung Sir Julius Wernhers in London erhalten ist
(Fig. 22).2 In den vier runden Feldern dieser Einfassung sieht man die Specksteinmodelle der bekann-
ten schönen Porträtmedaille Dürers aus dem Jahre 1527, sowie der beiden Kehrseiten dieser Medaille,
von denen die eine ursprüngliche Dürers Wappen und die Jahreszahl 1527, die andere spätere das
Todesdatum des Meisters enthält, und endlich das Buchsbaummodell der Porträtmedaille eines bärtigen

Mannes, bezeichnet mit dem Datum 1534 und dem Monogramm ^^^^d .3 Eine lateinische Inschrift

der Umrahmung nennt als die Dargestellten Dürer und dessen Bruder Andreas.

Daß das zuletzt genannte Holzmodell wirklich Andreas Dürer vorstelle, wird man nach einem
Vergleich mit Dürers Handzeichnung in der Albertina kaum glauben können; auch spräche, wenn wirk-
lich die Londoner Einfassung mit dem Stücke der erzherzoglichen Sammlung identisch sein sollte, die
Erwähnung «zweier Gesichter in Cameo» im Inventar von 1659 dafür, daß ursprünglich an dieser
Stelle ein Specksteinmedaillon eingefügt war, das erst später durch jenes Holzmodell ersetzt worden
sein dürfte. Unter Cameo ist ja wohl am ehesten Speckstein zu verstehen.4

Merkwürdig ist, daß das Inventar von 165g, wenn wir mit unserer Identifizierung recht haben
sollten, die Specksteinmodelle der Porträtmedaille Dürers dem Medailleur Joachim Deschler5 zu-
schreibt. Diese Zuschreibung wäre an sich nicht unmöglich, da der Künstler schon im Jahre 1527
gearbeitet haben könnte. Trotzdem ist sie irrig; Adolf Erman6 hat nämlich durch die Entdeckung eines
Monogramms auf einem alten Silberabguß dieser Medaille als deren Urheber Ludwig Krug festge-
stellt.7 Der Stil der Medaille paßt nun auch vortrefflich zu dem der Arbeiten Krugs aus den Jahren
1525 und 1526; sie ist ja auch nur wenig später, im Jahre 1527, entstanden.

Man hat angenommen,8 die Medaille von 1527 sei, ebenso wie manche spätere Nürnberger Me-
daillen mit dem Porträt Dürers, nach jenem von uns schon mehrmals erwähnten Holzschnittporträt
(B. 156, Fig. 1) kopiert worden. Die Medaille stimmt zwar in den wesentlichen Einzelheiten der Zeich-
nung mit dem Holzschnitte überein, in dem nur die Züge Dürers naturalistisch vergröbert erscheinen,
ist aber im Gegensinne zum Holzschnitte gehalten. Der Medailleur hatte nun aber keine Ursache, die
Zeichnung des Holzschnittes zu verkehren; er hat auch in der Tat auf der Kehrseite mit dem Wappen
seine Vorlage, den bekannten Holzschnitt Dürers von 1523 (B. 160), im gleichen Sinne wiedergegeben.
Die Datierung des Holzschnittes mit Dürers Bildnis ist unsicher; die Jahreszahl 1527 kommt erst auf
späteren Drucken vor und selbst solche Drucke, die schon die Namen der erst in der zweiten Hälfte des

1 Catalogue d'une collection extraordinaire d'estampes, de dessins et de sculptures de Albert Durer formee par Alex.
Posonyi ä Vienne, Versteigerung München 1867, Nr. 354.

2 Zuerst abgebildet in Exhibition of Early German Art, Burlington Fine Arts Club, London 1906, Taf. XLIX.

3 Wir geben das Monogramm nach Adolf Erman (Deutsche Medailleure des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Berlin 1884,
S. 34) wieder, der dieses Modell noch in der Felixschen Sammlung in Leipzig gesehen hat. Die Publikation über die Aus-
stellung im Burlington Fine Arts Club gibt als Monogramm nur die Buchstaben M L an.

4 So möchten wir auch deuten, was Neudörfer (Nachrichten, herausgegeben von G. W. K. Lochner, Wien 1875,8.124)
von Ludwig Krug sagt: «Was er aber in Stein, Camel (sie!) und Eisen schnitt, das'war auch bei den Wahlen löblich.»

! Über diesen vergleiche Karl Domanig in diesem Jahrbuch XIV, S. 26, und Die deutsche Medaille in kunst- und kultur-
historischer Hinsicht, Wien 1907, S. 27.

6 Deutsche Medailleure des XVI. und XVII. Jahrhunderts, S. 28.

' Eine Annahme, die auch von Karl Domanig (in diesem Jahrbuch XVI, S. 70) gebilligt wird.
8 Alfred von Sallet, Untersuchungen über Dürer, Berlin 1874, S. 29.
 
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