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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Weixlgärtner, Arpad; Giehlow, Karl: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0012
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Karl Giehlow.

reichhaltigen Ueberblick über die vorhandenen Handschriften lieferte. Darnach hat Dürer ganz im
Sinne des zuerst von Aldus 1505 veröffentlichten griechischen Horapollon auf des Kaisers Reichsapfel
einen Falken oder Sperber — im Griechischen heisst es i'epa; — gesetzt, während die französischen
Texte einer Uebersetzung des Trebatius aus Vicenza folgen, der anstatt dessen stets »Adler« übersetzt.

Da dieser Italiener im Frühjahre 1515 seine Arbeit dem politi-
schen und literarischen Berather des Kaisers, Konrad Peutinger,
widmete, so fielen damit auch die chronologischen Bedenken,
dass die Hieroglyphika des Horapollon so frühe schon direct für
die Ehrenpforte verwendet wurden. Ungedeutet blieb nur der
auf der Schlange stehende Hahn und das Ruthenbündel. Auch
dafür verhiess ein von Leemans angeführtes anonymes lateinisches
Horapollonmanuscript1 der k. k. Hofbibliothek zu Wien die Er-
klärung. Schon die aus dem Kataloge des Lambeccius ab-
gedruckte Beschreibung dieser Handschrift liess ihre Ueberein-
stimmung mit dem Titelbilde und den von Dürer illustrirten
Uebersetzungsfragmenten vermuthen. Denn am Anfange sollte
sie den auf das Eleganteste gemalten Kaiser Maximilian I., gleich-
sam über den König der Franzosen triumphirend, enthalten. Das
bezog sich offenbar auf den zu Füssen des Kaisers angebrachten
Hahn, dessen sinnbildliche Bedeutung für Gallien aus dem hier
diplomatisch abgefassten Commentar des Stabius nicht sichergestellt war. Aller Wahrscheinlichkeit
nach musste dieses Horapollonmanuscript auch das Ruthenbündel deuten.

Nicht ohne Spannung wurde dieser verheissungsvolle Codex
geöffnet.2 Und wirklich! da zeigte die erste Seite den Triumph des
Kaisers, genau wie der Titelholzschnitt (vgl. die ihm gegenüber be-
findliche Farben-Photolithographie, Taf. I), da folgten auf die ver-
lorengeglaubten Hieroglyphen richtig die bekannten: zunächst der
Löwe mit den drei Wasserkrügen, dann weiter auch der Frosch,
das Bündel mit den seltsamen Ruthen, die Papyrus darstellen
sollen, u. s. w., sämmtliche Zeichnungen von derselben Hand wie
die Illustrationsfragmente numerirt, so dass auf Grund dieser
Zählung vorher schon das kommende Bild bezeichnet werden
konnte; da gab eine lateinische Erklärung zu dem Titelbilde den
Inhalt der Stabischen Auslegung, da fand sich die Horoskophiero-
glyphe wörtlich wieder und die Bruchstücke des Textes auf den
Rückseiten Hessen sich Wort für Wort ergänzen (vgl. die Facsimile-
seite im Anhange III und den gegenüberbefindlichen Text); kurz
das ganze erste Buch der Hieroglyphika des Horapollon, vollständig
illustrirt, und der erste Anhang des zweiten ohne Bild war in dieser Handschrift gefunden.

Allerdings die Hoffnung, eine Menge verlorener Originalzeichnungen Dürers hier zu entdecken,
hatte sich nicht erfüllt. Nur zwei lassen sich als solche nachweisen;3 die übrigen, darunter auch das
abgebildete Titelbild, sind Arbeiten eines Dürerschülers, wie ein Vergleich der nach den Dürer'schen
Originalen hergestellten Photogravure mit den im Anhang III reproducirten Zeichnungen des Wiener

1 Vgl. Leemans, S. XXVIII. Ueber die vorher erwähnte Aldina und die Ausgabe des Trebatius vgl. Leemans, S. XXIX,
sowie die unten enthaltenen Ausführungen über die hieroglyphischen Studien zu Venedig und dann weiter in Deutschland.

2 Hier ist der unablässigen Hilfe des der Wissenschaft jäh entrissenen Göldlin von Tiefenau zu gedenken, der als
Chef des Manuscriptendepartements der Wiener Hofbibliothek und vor Allem als der uneigennützige Gelehrte diese Arbeit
mit Rath und That förderte.

3 Vgl. hierüber Anhang III.

Fig. 4. Hieroglyphe aus der französischen
Horapollonausgabe Jaques Kerver,
Paris 1553.
Originalgrösse.

Fig. 5. Hieroglyphe aus der französi-
schen Horapollonausgabe Jaques Kerver,
Paris 1553.
Originalgrösse.
 
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