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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0014

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Karl Giehlow.

glyphen zu schaffen.1 Es entstand die Frage, ob für eine derartige Belebung der Heraldik das erneute
Studium des ägyptischen Alterthums auch direct von Einfluss wurde, da z. B. Eusebius in seiner »Evan-
gelischen Vorbereitung« bei Erklärung der ägyptischen Symbolik die Sitte der Aegypter, ihre Helme mit
Thierbildern zu schmücken, erwähnt?2 Diese Beobachtung wurde der weitere Anlass, die Untersuchung
nicht auf die Wirkung der Hieroglyphika des Horapollon allein sondern auch auf die anderen alten
Schriftsteller auszudehnen, die über Hieroglyphen im Besonderen sich ausgelassen haben. Hat Renan
Recht, dass die Bewegung der Renaissance eine literarische ist, so versprach der Nachweis einer von den
Humanisten viel gelesenen classischen Stelle über Hieroglyphen auch einen entsprechenden Wieder-
klang in dar gleichzeitigen Allegorie. Um sich nicht in das Ungemessene zu verlieren, gebot sich aber
eine Beschränkung auf die Hauptquellen, welche über Hieroglyphik berichten. Vor Allem mussten
Herodot, Piaton, Diodor, Plinius, Tacitus, Lucanus, Plutarch, Apulejus, Clemens Alexandrinus, Plotin,
Jamblichus, Eusebius, Ammianus Marcellinus und Macrobius in Betracht gezogen werden.

Auf dem vorgeschilderten Entdeckungswege wurde aber wiederholt auf bedeutsame Spuren ge-
stossen, welche eine eingehende Beschäftigung mit den Hieroglyphen auch bei den italienischen und
französischen Humanisten voraussetzen lassen. Ja, bei der Abhängigkeit des Humanismus der nordi-
schen Völker von seinem Mutterlande Italien war von vorneherein dort die treibende Kraft für derartige
Studien zu suchen. Erst danach lässt sich die Selbstständigkeit der Hierogrammaten Deutschlands und
Frankreichs und ihre Bedeutung für die Allegorie der Renaissance richtig ermessen. Diesem Entwick-
lungsgange des Humanismus entsprach es daher, die Wiederbelebung des ägyptischen Alterthums,
wie sie auf Grund eines Studiums der alten Schriftsteller, vornehmlich des Horapollon, eintrat, zu-
nächst jenseits und dann diesseits der Alpen zu verfolgen.

Die Bedeutung Um für die von den einzelnen Humanisten geleistete Geistesarbeit einen Maassstab zu haben, ist

des Horapollon j^jgj. woni der geeignete Ort, sich zu vergegenwärtigen, welche Auffassung über die Bedeutung dieser

für die moderne 007 ^ u ^ o

Aegyptoiogie. Berichte des Alterthums die moderne Forschung in hundertjähriger Arbeit gewonnen hat.3

Erst dem genialen Franzosen Champollion sollte der Nachweis gelingen, dass die Hiero-
glyphenschrift sich auf phonetischer Grundlage, einem Alphabet, aufbaut aber die Eigenthümlichkeit
besitzt, den phonetisch geschriebenen Wörtern ideographische Bilder oder Deutzeichen beizufügen, um
dadurch die ihr fehlende Wörtertrennung zu ersetzen und gleichzeitig den oft in Frage kommen-
den Sinn der zahlreichen Homonyma sicherzustellen. Bis dahin hatten auf Grund des Horapollon die
Hieroglyphen als reine Bilderschrift gegolten, in der rebusartig jedem Begriffe ein besonderes Bild ent-
spricht. Selbst der scharfsinnige Archäologe Georg Zoega vertrat in seinem Prachtwerke über die
Obelisken diese Meinung.

Aber auch einem Champollion war es noch entgangen, dass die Hieroglyphen in Schriftsysteme
verschiedensten Alters zerfallen und ausserdem eine nur dem Eingeweihten verständliche Geheimschrift
enthalten. Gerade in der spätesten Schriftperiode, zur Zeit der griechischen und römischen Herrschaft,
erfreute sich ein damit zusammenhängendes System von Hieroglyphen einer ausserordentlichen Beliebt-
heit, das wegen seiner gesuchten Räthsel das änigmatische genannt wurde. War schon früher der
Einfachheit halber die phonetische Schreibung neben dem Deutzeichen in Wegfall gekommen, so dass
der Leser nur das Bild vorfand und sich den Sinn ergänzen musste, so vermehrten sich nun im Wege

1 In ähnlicher Weise verwandte Lepsius für die hieroglyphisch geschriebene Gründungsurkunde im Säulenhofe des
Berliner Aegyptischen Museums heraldische Zeilen zur Bezeichnung der modernen Staaten.

2 Vgl. Eusebius, de evangelica praeparatione. Das hier vorliegende Exemplar der Wiener Hofbibliothek, 1501 in Ve-
nedig bei Bernardinus Vercellensis erschienen, enthält den Vermerk, dass das Buch, 1510 gekauft, dem Monasterium des hei-
ligen Quirinus in Tegernsee gehörte. Die bezügliche Stelle (bei Eusebius, lib. II, cap. 1) ist auch von Flavio Biondo in seine
Roma triumphans aufgenommen. Sie lautet (Froben, Ausgabe von 1531, S. 5): effigies animalium ab Aegyptiis imperatoribus
in galeis sculptas ferri solitas in praelio, quibus prineipes insigniores forent. Vgl. unten die Ausführung betreffend die latei-
nischen Uebersetzungen griechischer Nachrichten über die Hieroglyphen.

3 Diesen Ausführungen wurde zu Grunde gelegt: Heinrich Brugsch, Die Aegyptoiogie (Leipzig 1891), sowie: Religion
und Mythologie der alten Aegypter (Leipzig 1888); Adolf Erman, Aegypten und ägyptisches Leben im Alterthum.
 
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