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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0142
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i36 Karl Giehlow.

Aegypter wird die Kunde von den Prophezeiungen der Hierogrammaten über die Thaten des Moses
erweckt haben! Welche Stellung verbürgte dem hieroglyphischen Studium die von Fasanini wieder-
holte Nachricht des Rufinus über die Hieroglyphe des Kreuzes als Sinnbild des künftigen Heils bei der
damaligen mystischen Geistesstimmung!

Es begreift sich, mit welchem Eifer Fasanini darauf bedacht war, diese bewundernswerthe Kunst
des hieroglypischen Denkens, Redens und Schreibens wieder in das moderne Leben einzuführen. Die
Wiederbelebung des ägyptischen Alterthums im Auge, lässt er sich keine Mühe verdriessen, die schwere
Speise der Hieroglyphen mundgerecht zu machen.

Seine Marginalnoten zum lateinischen Text verrathen eine nicht geringe Arbeit, alle die mehr
oder minder fern liegenden griechischen Ausdrücke, besonders die Götter-, Thier-, Pflanzen- und Städte-
namen durch Parallelstellen der Alten näher zu erklären. Desgleichen sorgt er für das bessere Ver-
ständnis des Sinnes durch besondere Hervorhebung der ethischen Gedanken.1 Auch ist in ihm das
Gefühl für den Zusammenhang der modernen Symbolik mit der ägyptischen lebendig; so macht er bei
der Hieroglyphe des Löwenkopfes die Bemerkung, dass auch in der Gegenwart Löwen als Wächter
vor den Eingang der Reichen gesetzt zu werden pflegen. Gerade mit solchen Hinweisen wurden
Eitelkeit und Nachahmungssucht der Zeitgenossen auf das Beste gekitzelt.2

Besonders ist Fasanini bestrebt, den Inhalt der Hieroglyphica den Dichtern näher zu bringen.
Wohl die Beobachtung, dass Stellen des Homer in die Erklärung einzelner Hieroglyphen verflochten
sind,3 befestigte in ihm die Ueberzeugung, dass der Horapollon für die Dichtkunst eine Quelle ganz
eigener Art bedeute. Wie er selbst zu verstehen gibt, hat er dem unerschöpflichen Schatz der Hiero-
glyphica die Stoffe und Gedanken entnommen, mit denen er den um eine Erfindung verlegenen
Poeten beizuspringen pflegte. Ausdrücklich hebt er hervor, für sie und besonders die Hochzeitssänger
den Horapollon übersetzt zu haben. Offenbar im Hinblick auf die zahlreichen Hieroglyphen, welche
das Verhältnis der Ehegatten versinnbildlichen, lautet für diese sein Hinweis: »habebunt imprimis
epithalamistae, qui novam nuptam solemni ritu sponsalia celebrantem, qui mos in patria nostra frequens
est, honestare cupiunt, patentissimos campos*.4 Man kann sich schwer eines gelinden Schauers erwehren
bei dieser doctrinären Behandlung der dichterischen Muse; aber das war Vorbedingung für die Ent-
wicklung der emblematischen Poesie.

Nicht minder deutlich hat Fasanini seine Auffassung von dem Werth der Hieroglyphica für die
bildenden Künste gekennzeichnet. Er geht hier von der immer mehr sich verbreitenden Sitte aus, Wahl-
sprüche in Schrift und Bild, sogenannte Imprese, an Geräthen und Wänden anzubringen. Offenbar
mit diesbezüglichen Fragen von seinen Landsleuten arg belästigt, verweist er diese wieder mit allem
Nachdruck auf die Bildersprache des Horapollon. »Exeodem (opusculo)«, schreibt er, »dicta brevia aut
notas, quas in gladiis, annulis, reticulis, baltheis, cythara, lectulis, tricliniis, laquearibus, stragulis,
foribus, musaeo, mensa, speculis, cubiculo, conopeis, fictilibus argenteisque vasculis affigant, plerique
mutuari poterunt, nec non quibus figuris cum pictis tum sculptis secreta animi involucris quibusdam
occludere parietesque domesticos oblinere possint. Et ut cuique commodum erit, argumenta sibi et
titulos rebus suis accommodatos hinc abunde arripict.«3 Danach scheint es kaum einen beweglichen
oder unbeweglichen Gegenstand gegeben zu haben, den sich Fasanini, ein echtes Kind der zierlustigen
Renaissance, nicht mit hieroglyphischen Bildern am passendsten ausgeschmückt denkt. Allen Künstlern,

1 Vgl. z. B. p. XV zu der Hieroglyphe des »Canis« die Note; »scribas ut latrantes canes esse debere atque severos in
agendis arcanis«; p. XIVT zu der Hieroglyphe des »atramentum, cribrum ac funig«: adivites diseiplinis liberalibus exornari
debere, ne oves aurei velleris sint«, etc. etc.

3 In der Note zur Hieroglyphe des Löwen für einen »vigilans«, lib. I, cap. XIX, heisst es: »Leones pro foribus tem-
plorum veluti custodes etiam hac tempestate poni«; vgl. weiter zu lib. I, cap. XVI, wonach Hundsaffen als Schmuck von
Wasseruhren angebracht zu werden pflegten, die Notiz Fasaninis: »ritum hunc apud nostrates in quibusdam fontibus servari«.

3 Ausser der oben, S. 88 und 135, Anm. 3, erwähnten Stelle fällt ihm bei lib. II, cap. LIV die Homerische Wendung
»[xlXo; ccelosi« auf, die Leemans — vgl. a. a. O., p. XI — entging.

4 Vgl. Phasianinus, Horapollon, p. XLV. Hinsichtlich der auf das Eheleben bezüglichen Hieroglyphen ist besonders
die der cornices als Sinnbild für Eintracht hervorzuheben; vgl. lib. I, cap. VIII und Anhang II.

' Vgl. Phasianinus, Horapollon, p. XLV.
 
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