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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Winkler, Friedrich: Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0331
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Studien zur Geschichte der niederländischen Miniaturmalerei des XV. und XVI. Jahrhunderts.

fol. 338 (Fig. 36) treffen wir zum ersten Male im Werke des Künstlers auf die französische Dorn-
blattranke.1 Diese wenigen Beispiele sagen, was schon der Stil dem mit niederländischer Malerei
Vertrauten zu erkennen gab, daß dieses Werk um 1410—1440 entstand.

Leicht erkennt man die Hand des Meisters in verschiedenen Handschriften außerhalb Brüssels
wieder. An erster Stelle dürfte eine französische Ubersetzung von Boccaccios Decamerone in der
Arsenalbibliothek zu Paris (ms. 5070) zu nennen sein.2 Diese Handschrift stammt aus der Biblio-

Fig. 35. Brüssel, königl. Bibliothek, Cod. 9006, Titelblatt.

theque de Bourgogne, war also ursprünglich im Besitz Johanns ohne Furcht (f 1419) oder Philipps
des Guten (1419—1467). Auf fol. D wird der Schreiber genannt: «Explicit la table du transcripvain
Guillebert de Mets, hoste de l'Escu de France, ä Grammont.» Darnach entstand die Handschrift
in Grammont im östlichen Flandern. Sie wurde von demselben Guillebert von Metz gefertigt,
dessen wichige Beschreibung von Paris von 1434 in Brüssel wir schon früher erwähnen mußten.
Hat aber der Schreiber in Grammont gesessen, so wird der Miniaturmaler nicht fern gewesen sein.
Was wissen wir über Guillebert de Metz? Mit den beiden Handschriften in Brüssel und Paris ist
die Kenntnis seines Lebens leider fast erschöpft (vgl. ausführlich bei Le Roux de Lincy und
Tisserand, a. a. O.). In einer dritten Handschrift im Haag («Le livre de Sydrac ou de la fontaine
de toutes sciences; le Lucidaire») nennt er sich «libraire de M. le duc Jean de Bourgogne». Man

1 Man darf das vereinzelte Auftreten derselben immer als Zeichen französischen Einüusses auf provinzielle Schulen an-
sehen. Die-Ranke ist dann im Stile meist nicht von der Feinheit des Vorbildes. Im zweiten Band unserer Handschrift kommt
sie mehrfach vor.

2 Martin, Catalogue des manuscrits de la bibliotheque de l'Arsenal, t. V, 1889, S. 3y; Abbildung bei Martin, Les
peintres de manuscrits et la Miniature en France, Fig. 24.

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