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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Randglossen zu Venedigs Bronzeplastik der Hochrenaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0027
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Randglossen zu Venedigs Bronzeplastik der Hochrenaissance.

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mal in Halbfigur wiedergegeben ist und — von den zwei anderen Stücken abweichend — mit
beiden Händen die zu ihr emporblickenden Löwenköpfe umfaßt (Fig. 20). Als zu diesem Stücke
gehörig wird in derselben Sammlung dem «Tavagni» noch ein Maskaron zugeschrieben, der als
Klopferschild diente.1

Da, wie noch später ausgeführt werden soll, dieses oder jenes Stück stilistisch mit dem
Morgan-Klopfer, respektive mit den Berliner Exemplaren vollständig übereinstimmt, so liegt die
Übertragung der Bezeichnung «Tavagni», wie wir sie im letzten Berliner Bronzenkatalog vor-
finden, auf der Hand. Doch bevor wir, vom Morgan-Klopfer ausgehend, eine kleine Gruppe stil-
ähnlicher Werke demselben Künstler oder derselben Werkstatt
zuschreiben, müssen wir volle Klarheit gewinnen, ob der Name
Giovanni Antonio Tavani wirklich als eine Künstlersignatur
aufgefaßt werden kann.

Vor allem heißt es auf dem Morgan-battarolo Tavani
und nicht Tavagni, wie er im Berliner Bronzenkatalog ge-
schrieben wird. Tavani ist ein noch heute in Venedig und im
Veneto häufiger Name. In Udine und in Treviso kenne ich
selber Leute, die so heißen. Aber keine Guida und meines
Wissens kein Dokument führt einen Plastiker oder vielleicht nur
einen Gießer dieses Namens an. Hingegen läßt die auffällige
Stelle, an der die Namensbezeichnung angebracht wurde, un-
willkürlich die Vermutung auftauchen, nicht ein Künstler sei
damit gemeint sondern der Besitzer des Klopfers, beziehungs-
weise des Palazzo oder des Hauses, an dessen Türe er ange-
bracht war.

Daß eine derartige Anbringung des Besitzernamens an Tür-
klopfern der zweiten Cinquecentohälfte nichts Seltenes war, be-
zeugt ein battarolo aus der Sammlung Beckerath im Berliner
Kaiser Friedrich-Museum, der auf einem Wappenschilde die Ini-
tialen A P trägt.2 Hier hat wohl niemand an eine Künstlersig-
natur gedacht. Zwar sind die beiden Buchstaben von einem
Wappengebilde umschlossen; aber nicht jeder battarolo-Besitzer
muß in der Lage gewesen sein, über ein Wappenschild zu ver-
fügen. — Was hindert uns, in Giovanni Antonio Tavani den
glücklichen Besitzer unseres Türklopfers zu vermuten? In Vene-
dig selbst oder eher in einer der vornehmen Städte der Terra-
ferma mag sein Haus gestanden haben, wohl das Haus eines Reichen; denn an der Tür prangte die
Arbeit eines erfahrenen Bronzegießers. Und damit man wisse, wer das Haus bewohnte, zu wem und
für wen man den schweren battarolo erhob, um ihn in geregeltem Schlage auf den darunter be-
findlichen Metallknopf fallen zu lassen, ließ er in der Mitte, an auffälliger Stelle, seine Visitkarte
anbringen: GIO ANTO TAVANI.

Es tut mir leid, den schönen Morganschen Klopfer ins große Reich der Anonymen verdam-
men zu müssen. Unbekannter Herkunft zu bleiben, ist aber ein Schicksal derartiger bronzener
Hausgeräte. Zwar führen sie im Handel (und nicht selten auch in den Museumskatalogen) pom-
pöse Namen, nennen als ihre Urheber zumeist Sansovino und Vittoria, bleiben aber gewöhnlich
nur Werkstattprodukte. Dennoch würde es sich lohnen, sie zu vereinigen und zu ordnen, zuerst
dem Tvpus nach in Gruppen, um dann auf Grund stilistischer und technischer Merkmale die
Werkstätte, im besten Falle auch den Meister festzustellen.

Tiziano Aspetti, Temperantia.
Padua, Santo.

1 Goldschmidt, a. a. O , Nr. 268.

2 Goldschmidt, a. a. O., Nr. 270.

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